Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweilige Anordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Bewilligung einer Drogenentwöhungs-Therapie bei Suchterkrankungen im Wege einer einstweiligen Anordnung

Zurückstellung der Strafvollstreckung bei Durchführung einer Suchttherapie

Kostenübernahme durch erstangegangene gesetzliche Rentenversicherung

Zur Frage des Vorliegens eines Anordnungsgrundes nach Antritt einer Untersuchungs- oder Strafhaft

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 19. Mai 2011 wird zurückgewiesen

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bewilligung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme für Abhängigkeitserkrankte.

Der 1986 geborene, unter Betreuung stehende Antragsteller bezieht derzeit eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Rahmen des Rentenverfahrens hatte die Beklagte ein nervenärztliches Gutachten in Auftrag gegeben. Der Sachverständige Dr. K. hatte hierbei mit Datum vom 04.10.2010 einen Residualsyndrom bei chronisch-rezidivierender paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie sowie einen Zustand nach Polytoxikomanie diagnostiziert. Gleichzeitig stellte er fest, dass der Antragsteller derzeit keine Drogen nimmt und medizinische Rehamaßnahmen angesichts der noch floriden Psychose keine Aussicht auf Erfolg haben. Eine ambulante Krankenbehandlung wurde als ausreichend angesehen.

Bereits am 19.07.2010 war der Antragsteller mit Urteil des Amtsgerichts B-Stadt aufgrund unerlaubten Drogenbesitzes zu einer Haftstrafe von einem Jahr und 6 Monaten verurteilt worden. Mit Beschluss des Landgerichts B-Stadt vom 08.12.2010 wurde die Freiheitsstrafe unter Auflagen zur Bewährung ausgesetzt. Mit einer der Auflagen wurde dem Antragsteller aufgegeben, sich einer Drogenentwöhnungs-Therapie in einer Klinik oder Tagesklinik zu unterziehen und sich unverzüglich, bis spätestens 15.01.2011 anzumelden und die Behandlung bis spätestens 18.01.2011 dem Gericht nachzuweisen sowie die Therapie spätestens bis 10.02.2011 anzutreten und den Therapieantritt dem Gericht bis spätestens 15.02.2011 nachzuweisen.

Am 07.01.2011 beantragten die Bevollmächtigten des Antragstellers bei der Antragsgegnerin die Kostenübernahme für eine tagesklinische Rehabilitationsmaßnahme. Die Antragsgegnerin forderte einen Sozialbericht der Drogenberatung B-Stadt an. Mit Datum vom 02.03.2011 hielt diese eine ganztägige ambulante Reha-Maßnahme für dringend indiziert. Gleichwohl lehnte die Antragsgegnerin nach Befragung des ärztlichen Dienstes eine Kostenübernahme mit Bescheid vom 26.04.2011 ab; in Anbetracht der Diagnose einer paranoiden Schizophrenie könne die Erwerbsfähigkeit durch Leistungen der medizinischen Rehabilitation nicht wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden. Gegen diese Entscheidung wurde von den Bevollmächtigten des Antragstellers am 05.05.2011 Widerspruch eingelegt, welcher bisher nicht verbeschieden wurde.

Bereits am 24.01.2011 hatten die Bevollmächtigten des Antragstellers beim Sozialgericht München Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Strafaussetzung zur Bewährung bei Nichtantritt der tagesklinischen Therapie widerrufen werde. Da die Tagesklinik den Beginn der Therapie ausdrücklich von einer Kostendeckung durch die Antragsgegnerin abhängig gemacht habe, bestehe insoweit ein Anordnungsgrund wie auch im Anordnungsanspruch. Mit Beschluss vom 19. Mai 2011 lehnte das Sozialgericht München den Erlass einer einstweiligen Anordnung wie auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Voraussetzung hierfür sei, dass durch die Maßnahme die derzeit bestehende Erwerbsminderung vorzeitig behoben oder entscheidend gebessert werden könne. Hierzu bestünden nach den Darlegungen des ärztlichen Dienstes der Antragsgegnerin keine Anhaltspunkte. Mangels Erfolgsaussicht könne auch Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.

Gegen diese Entscheidung legten die Bevollmächtigten des Antragstellers am 30.06.2011 Beschwerde ein. Mit der Beschwerdeschrift wurden weder Anträge gestellt noch die Beschwerde begründet. Trotz Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 07.07.2011 die Beschwerde binnen der Frist von einer Woche zu begründen, war kein weiterer Eingang zu verzeichnen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts München vom 19.05.2011 aufzuheben, die beantragte Prozesskostenhilfe zu gewähren und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in Form einer Drogenentwöhnungs-Therapie in einer ambulanten Tagesklinik zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt habe, fehle es bereits an einem Anordnungsanspruch, da durch die begehrte Maßnahme die bestehen...

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