Entscheidungsstichwort (Thema)

Kinder- und Jugendhilferecht. Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und des Rechts auf Regelung der schulischen Angelegenheiten eines Kindes sowie des Rechts zur Antragstellung auf Jugendhilfemaßnahmen auf Pfleger (hier: Jugendamt des Beklagten). Klagebefugnis der Eltern gegen Bescheide des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, mit denen dem Kind oder Jugendlichen Eingliederungshilfe gewährt wird, verneint. zur rechtlichen Stellung der Eltern zum Pfleger und zum Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Jugendhilfe. Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 19. August 1999

 

Normenkette

GG Art. 6 Abs. 2; VwGO § 42 Abs. 2; SGB VIII § 35a; BGB §§ 1630, 1666

 

Verfahrensgang

VG München (Urteil vom 19.08.1999; Aktenzeichen 15 K 96.4587)

 

Tenor

I. Die Berufungen werden zurückgewiesen.

II. Die Kläger tragen gesamtverbindlich die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

1. Die Kläger, ein Ehepaar, wenden sich gegen drei Bescheide der Beklagten vom 15. Dezember 1995, mit denen ihrem 1978 geborenen Adoptivsohn P. K. Eingliederungshilfen nach dem Kinder- und Jugendhilferecht gewährt wurden.

Das Amtsgericht M. -Vormundschaftsgericht -entzog den Klägern mit Beschluss vom 2. März 1995 vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Adoptivkind, das Recht auf Regelung seiner schulischen Angelegenheiten und das Recht zur Antragstellung auf Jugendhilfemaßnahmen und übertrug diese Rechte dem Stadtjugendamt M. als Pfleger.

Die Beklagte gewährte P. K. mit den Bescheiden vom 15. Dezember 1995 Leistungen der Eingliederungshilfe für seelisch Behinderte, Kinder und Jugendliche und zwar (1) für den Zeitraum vom 23. März 1995 bis 24. Juli 1995 in Form von Heimunterbringung im Jugendhaus A. in M., (2) für den Zeitraum 30. August 1995 bis 4. November 1995 in Form von Heimunterbringung im Jugendheim U. und (3) für den Zeitraum vom 5. November 1995 bis 8. März 1996 in Form von Übernahme der Kosten für die Teilnahme an dem „Kanada-Projekt” der „Mut zur Zukunft-GmbH”. Die in den Bescheiden genannten Maßnahmen der Jugendhilfe wurden durchgeführt. Die Kläger legten mit Schreiben vom 9. Januar 1996 gegen die an sie adressierten Bescheide Widersprüche ein, die die Regierung von Oberbayern mit Bescheid vom 5. August 1996 als unzulässig zurückwies. Es fehle aufgrund des Beschlusses des Vormundschaftsgerichts vom 2. März 1996 an der Widerspruchsbefugnis.

Das Vormundschaftsgericht M. hob mit Beschluss vom 27. Februar 1996 seinen Beschluss vom 2. März 1995 wegen Wegfalls der Voraussetzungen des § 1666 BGB auf, nachdem die Kläger ausdrücklich erklärt hatten, die erlebnispädagogische Maßnahme in Kanada zu unterstützen und nicht vorzeitig zu beenden. Am 9. März 1996 wurde P. K. volljährig.

2. Die Klagen der Kläger mit dem Antrag,

die drei Bescheide der Beklagten vom 15. Dezember 1995 und den Widerspruchsbescheid vom 5. August 1996 aufzuheben,

wies das Verwaltungsgericht mit Gerichtsbescheid vom 4. Mai 1999 als unzulässig ab.

Die Kläger beantragten sodann beim Verwaltungsgericht mündliche Verhandlung. Daraufhin wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 19. August 1999 die Klagen ab.

3. Die Kläger verfolgten mit ihren vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufungen ihre Anfechtungsbegehren zunächst weiter. Die vorläufige und teilweise Entziehung der elterlichen Sorge durch das Vormundschaftsgericht habe sie bezüglich aller ihrer Rechte als Personensorgeberechtigte nicht völlig rechtlos gestellt. Es gehe nicht um die Revidierung des Beschlusses des Vormundschaftsgerichts vom 2. März 1995, sondern um die Gewährung von Rechtsschutz durch die Verwaltungsgerichte zu der Frage, ob das Jugendamt der Beklagten sowohl als Pfleger als auch als Jugendhilfeträger ihre verbliebenen Elternrechte beeinträchtigt habe. Das Erziehungsrecht sei ihnen durch das Vormundschaftsgericht nur zum Teil entzogen worden. Das Jugendamt hätte seine Hilfeleistungen nicht allein am Willen ihres Kindes ausrichten dürfen. Das Jugendamt der Beklagten habe seine Pflicht zur vollständigen Sachverhaltsermittlung verletzt, als es keine neuerliche psychiatrische Begutachtung und Behandlung veranlasste, obwohl das aufgrund der gravierenden Beeinträchtigungen von P. K. zum Zeitpunkt der Einleitung der angegriffenen Hilfsmaßnahmen dringend erforderlich gewesen wäre. Das Jugendamt habe das Kind ihrer kontinuierlichen und bisher erfolgreichen elterlichen Hilfe entzogen und so das Kind ihnen entfremdet, das dadurch in delinquentes und drogensüchtiges Verhalten abgeglitten sei.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. August 1999 zu ändern und festzustellen, dass (a) der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist und (b) die Bescheide der Beklagten vom 15. Dezember 1995 gegenüber ihnen rechtswidrig gewesen sind.

Der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt, weil die mit dem Bescheid vom 15. Dezember 1995 genehmigten Hilfemaßnahm...

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