Leitsatz (amtlich)
Hat ein Angestellter im Monat Februar nur vom 1. bis zum 11. gearbeitet, und zahlt ihm der Arbeitgeber für diese Zeit entsprechend der von seiner Buchhaltung für die Berechnung anteiliger Gehälter ständig angewandten Methode elf Dreißigste seines Monatsgehalts, so ist diese Berechnungsweise aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Normenkette
BGB §§ 628, 626
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Urteil vom 30.01.1974; Aktenzeichen 6a (6) Sa 511/72) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 30. Januar 1974 – 6a (6) Sa 511/72 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin war seit dem 1. Januar 1972 bei der Beklagten gegen ein monatliches Bruttogehalt von 1.100,– DM beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete am 11. Februar 1972.
Die Beklagte zahlte der Klägerin für den Zeitraum vom 1. bis 11. Februar, in den 9 von 21 Arbeitstagen dieses Monats fielen, elf Dreißigstel ihres Monatsgehalts, das sind 403,26 DM brutto. Anteilige Monatsgehälter werden in der Buchhaltung der Beklagten ständig auf der Grundlage von 30 Kalendertagen, unabhängig von der Länge des betreffenden Monats, berechnet.
Die Klägerin ist mit diesem Berechnungsmodus nicht einverstanden. Sie meint, ihr anteiliges Monatsgehalt müsse auf Grund der im Monat Februar 1972 tatsächlich zu leistenden Arbeitstage berechnet werden, so daß ihr neun Einundzwanzigstel ihres Monatsgehalts, das sind 471,42 DM, zustünden. Die sich aus diesen unterschiedlichen Berechnungsweisen ergebende Differenz macht die Klägerin mit ihrer Klage geltend. Sie hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 68,16 DM brutto zu verurteilen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie ist der Auffassung, ihre Berechnung des anteiligen Gehalts sei nicht zu beanstanden.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 19,74 DM brutto verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat die anteilmäßige Vergütung der Klägerin auf der Grundlage von 26 Werktagen ermittelt, die nach seiner Auffassung in jedem Monat unabhängig von der tatsächlich anfallenden Zahl der Werktage zugrunde zu legen sei. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts stehen der Klägerin mithin zehn Sechsundzwanzigstel ihres Monatsgehalts zu. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, der von der Beklagten bei der Berechnung anteiliger Monatsgehälter ständig praktizierte Modus stelle eine für die Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt günstige betriebliche Übung dar, die Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien geworden sei.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Wie sich aus § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, kann die Klägerin für die vom 1. bis zum 11. Februar 1972 geleistete Arbeit nur einen ihrer Leistung entsprechenden Teil des Gehalts verlangen. Insoweit sind sich die Parteien einig.
2. Darüber, wie bei der Berechnung anteiliger Monatsgehälter zu verfahren ist, wird kaum jemals eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen. Im allgemeinen sehen die Arbeitsvertragspartner diesen Gegenstand nicht als besonders regelungsbedürftig an, weil ein Arbeitsverhältnis selten während einer Gehaltzahlungsperiode aufgelöst wird und die unterschiedlichen Berechnungsmethoden nur zu geringen Abweichungen führen. Unter diesen Umständen ist – sofern nicht Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung für einzelne Tatbestände, z. B. Urlaub oder Gehaltszahlung im Krankheitsfall, etwas anderes ergeben – davon auszugehen, daß ein etwa anfallendes Teilgehalt gemäß der von der Lohnbuchhaltung des Arbeitgebers einheitlich praktizierten Methode berechnet werden soll, sofern diese grundsätzlich den Interessen beider Vertragsparteien gerecht wird. Auf der einen Seite hat der Arbeitgeber bei der Berechnung anteiliger Gehälter ein legitimes Interesse an einem möglichst einfachen und gleichmäßigen Verfahren, das von seiner Buchhaltung unabhängig von der Länge der einzelnen Monate in jedem Fall angewendet werden kann. Auf der anderen Seite kann ein verständiger Arbeitnehmer nicht erwarten, daß bei der Berechnung eines Teilgehalts der im konkreten Fall für ihn jeweils günstigste Maßstab zugrundegelegt wird. Da er nicht voraussehen kann, ob für ihn ein Teilgehalt – falls die Frage überhaupt akut wird – im Februar oder in einem langen Monat anfällt, kann man sein Einverständnis mit der vom Arbeitgeber geübten Praxis unterstellen, sofern diese im Jahresdurchschnitt billig und gerecht ist.
3. Deshalb ist entgegen der Ansicht der Revision nichts dagegen einzuwenden, daß die Beklagte einen gleichbleibenden Durchschnittswert als Berechnungsgrundlage, also nicht die im betreffenden Monat tatsächlich entfallenden Kalender-, Werk- oder Arbeitstage nimmt. Diese Berechnungsweise stellt im Einklang mit dem Prinzip des Monatsgehalts. Mit einem Monatsgehalt soll die im Laufe eines Monats vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung unabhängig von der im betreffenden Monat gerade gegebenen Zahl von Arbeits-, Werk- oder Kalendertagen in gleichbleibender Höhe abgegolten werden. Für einen Arbeitstag im Monat Februar ist keine höhere Vergütung geschuldet als für einen solchen im März, obwohl in den genannten Monaten für ein gleich hohes Gehalt unterschiedlich lang gearbeitet wird. Da mithin der Arbeitnehmer im Februar keinen höheren Gehaltsanteil je Tag hat als in einem längeren Monat, kann, bei der Berechnung der Tagesvergütung nur von einem Durchschnittswert ausgegangen werden.
4. Auch daß die Beklagte einen Durchschnittswert von 30 Kalendertagen je Monat zugrunde legt, ist nicht zu beanstanden. Hierdurch wird das Verfahren nicht in einer berechtigten Arbeitnehmer-Interessen zuwider laufenden Weise zugunsten der Beklagten vereinfacht, sondern diese Regelung ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend dargelegt hat, sogar die im Jahresdurchschnitt für die Arbeitnehmer günstigste Berechnungsweise (zu den verschiedenen Methoden: Hess, BB 1958, 1136). Sowohl eine auf Arbeitstage bezogene Berechnungsweise wie auch eine Berechnung nach Werktagen wäre im Schnitt für den Arbeitnehmer ungünstiger. Man könnte, um möglichst genau zu sein, noch daran denken, das jeweilige Monatsgehalt mit 12 zu vervielfältigen und das Produkt durch 365 zu teilen. Selbst diese Methode würde dem Arbeitnehmer auf den Tag bezogen weniger einbringen als die Handhabung der Beklagten.
5. Auf die vom Landesarbeitsgericht erörterte Frage, ob die von der Beklagten geübte Berechnungsweise sich zu einer betrieblichen Übung verdichtet habe, kommt es nach allem nicht an. Es erscheint auch zweifelhaft, ob ein mehr oder weniger verwaltungstechnischer Vorgang wie die Berechnung anteiliger Monatsgehälter überhaupt geeignet ist, die Grundlage für eine betriebliche Übung zu bilden; denn insoweit handelt es sich mehr um Fragen der Zweckmäßigkeit als um solche des Vertrauensschutzes.
Unterschriften
gez. Dr. Hilger, Nitsche, Siara, Dr. Heither, Dr. Hirt
Fundstellen