IGeL: Selbstzahlerleistungen zum Patientenwohl?

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen stellt eine Analyse zu Schaden und Nutzen von „Individuellen Gesundheitsleistungen" (IGeL) vor. Die Mehrheit der gesetzlich Versicherten sehen den Nutzen dieser Leistungen kritisch.

Entgegen jahrelanger Kritik von Krankenkassen werben Deutschlands Kassenärzte für Selbstzahlerleistungen zum Wohl der Patienten. „Es ist falsch, IGeL unter Generalverdacht zu stellen“, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. Gemeint sind „Individuelle Gesundheitsleistungen“ (IGeL), deren Kosten die Krankenkasse dem Patienten nicht erstatten muss. Am 12. Juli 2016 haben die Medizinischen Dienste der Krankenkassen (MDK) in Berlin eine Analyse zu Schaden und Nutzen von IGeL vorgestellt.

IGeL: Ultraschalluntersuchungen sind gefragt

Zu den gefragtesten Angeboten zählen Ultraschalluntersuchungen von Eierstöcken oder Brust, Früherkennung von Prostatakrebs, Messung des Augeninnendrucks oder Zahnreinigung. 67 Prozent der gesetzlich Versicherten sehen solche und andere Selbstzahlerleistungen kritisch, teilten die Medizinischen Dienste vorab mit.

IGeL in Milliardenhöhe

Von Krankenkassen und Patientenberatern wird Ärzten immer wieder vorgeworfen, sie böten zu viele IGeL an oder versuchten Patienten, dazu zu drängen. Dabei würden solche Angebote auch Gefahren bergen - etwa wenn nach einem Fehlalarm bei einer Krebsfrüherkennung Patienten verunsichert werden oder sich sogar operieren lassen. Oft sei eine Krankheit auch gar nicht so bedrohlich, dass man sie behandeln müsse, heißt es immer wieder. Das Wissenschaftliche Institut der AOK geht davon aus, dass jährlich Selbstzahler-Leistungen für deutlich mehr als eine Milliarde Euro angeboten werden.

Gassen sagte: „Im individuellen Patientenfall können IGeL durchaus medizinisch sinnvoll sein.“ Im Sinne eines guten Vertrauensverhältnisses zu seinen Patienten gäben Ärzte unter medizinischen Gesichtspunkten Empfehlungen ab. „Natürlich muss der Patient ausreichend Zeit haben, um über das Angebot entscheiden zu können“, betonte der KBV-Chef.

KBV-Befragung: Verstärkte Nachfrage nach IGeL

Die Forschungsgruppe Wahlen hat im vergangenen Jahr im Auftrag der KBV eine Versichertenbefragung durchgeführt. Diese habe gezeigt, dass IGeL von Patienten verstärkt nachgefragt werden. Etwa 20 Prozent der Befragten, die im vergangenen Jahr bei einem Arzt waren, hätten von sich aus nach einem IGeL-Angebot gefragt. Die Bedenkzeit für die Entscheidung darüber erschien mehr als 80 Prozent von ihnen ausreichend. Vom Arzt angeboten bekamen rund 25 Prozent eine IGeL.

Forsa-Umfrage: Jeder zweite gesetzlich Versicherte zweifelt an Nutzen

Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse zweifelt gut jeder zweite gesetzlich Versicherte am Nutzen von privat zu zahlenden Leistungen beim Arzt. Die Individuellen Gesundheitsleistungen hätten eher keinen Nutzen, meinen 38 Prozent der Befragten.
Gassen wies auf einen Online-Ratgeber „ Selbst zahlen?“ der Ärzteschaft für Ärzte und Patienten hin.


dpa