Zur Reichweite von Unterlassungsverpflichtungen
Das OLG Celle hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein Verein Ferienwohnungen auf seiner Internetseite zur Vermietung angeboten hat, ohne dass die Inhaberin der Wohnungen hierzu Ihre Zustimmung erteilt hatte. Nach entsprechender Rüge durch die Objektinhaberin löschte der Verein die entsprechende Werbeseite und unterzeichnete eine mit der Inhaberin getroffene Unterlassungsvereinbarung, in der er sich verpflichtete, es „ab sofort zu unterlassen“ auf seiner Internetpräsenz „die Ferienwohnung/en der Gläubigerin wie nachstehend dargestellt zu bewerben und dadurch den Eindruck zu vermitteln, die Gläubigerin sei Vereinsmitglied und biete ihre Vermietungsobjekte über die Internetpräsenz des Schuldners zu Vermietungszwecken an“. An die schriftliche Vereinbarung ist als Verdeutlichung der konkreten Verletzungshandlung ein Lichtbild angefügt, dass das mehrstöckige Apartmentgebäude der Gläubigerin zeigt. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde die Zahlung einer angemessenen Vertragsstrafe vereinbart.
Im Google Cache noch sichtbar
Nachdem die Unterlassungserklärung unterzeichnet war, fand die Gläubigerin der Vereinbarung einen Auszug der Internetseite noch im Google-Cage (Zwischenspeicher). Der Text erschien dort zwar ohne Lichtbild des Apartmenthauses, er enthielt jedoch den Hinweis auf die Gläubigerin und deren Adressdaten. Hiervon fertigte die Gläubigerin einen Screenshot an und machte gerichtlich gegen den Schuldner eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.001 EUR geltend.
Die Unterlassungserklärung ist weit auszulegen
Das zweitinstanzlich mit der Sache befasste OLG hielt den Vertragsstrafeanspruch teilweise für begründet. Der Senat legte den Vertrag dahingehend aus, dass der vereinbarte Unterlassungsanspruch sich nicht nur auf die Bewerbung der Ferienwohnungen der Gläubigerin unter Abbildung des Apartmenthauses bezog. Vielmehr seien bei Unterlassungserklärungen typischerweise kerngleiche Verletzungshandlungen in den Schutzbereich einbezogen (BGH, Beschluss v. 6.2.2013, I ZB 79/11) Die getroffene Vereinbarung lasse den Willen der Parteien erkennen, dass der Schuldner grundsätzlich den Eindruck zu vermeiden habe, er sei zur Vermittlung der Ferienwohnungen der Gläubigerin berechtigt. Dieser Eindruck werde aber auch durch die im Google Cache noch sichtbaren Textteile vermittelt.
Unterlassungsverpflichtung gilt für die Gegenwart und die Zukunft
Darüber hinaus stellte das OLG klar, die Unterlassungserklärung beziehe sich nicht nur auf künftige Störungshandlungen, vielmehr sei der Schuldner nach der Vereinbarung auch zur Beseitigung des bereits bestehenden Störungszustandes verpflichtet (BGH, Urteil v. 11.11.2014, VI ZR 18/14). Die Beseitigung des Störungszustandes beinhalte, dass der Schuldner alles zu tun habe, dass der beanstandete Inhalt künftig weder auf seiner Webseite noch bei Google aufgerufen werden könne, wobei es nicht darauf ankomme, ob der Inhalt bei Google direkt oder erst im Google Cache erscheine.
Vertragsstrafe nur bei Verschulden
Das OLG wies darauf hin, dass die Verwirkung einer Vertragsstrafe grundsätzlich Verschulden voraussetzt. Das Verschulden werde in solchen Fällen aber vermutet. Mangelndes Verschulden habe der Schuldner darzulegen und zu beweisen. Vorliegend falle dem Schuldner ein Organisationsverschulden zur Last, weil er - wie die Beweisaufnahme ergeben habe – seine Mitarbeiter nicht angewiesen hat, nach Entfernung der Daten der Klägerin auf der eigenen Webseite zu kontrollieren, ob die Inhalte anderweitig im Internet noch abrufbar sind. Das OLG ließ ausdrücklich offen, ob eine Kontrolle bei der Suchmaschine Google ausreichend ist oder ob auch noch andere gebräuchliche Suchmaschinen auf die Abrufbarkeit hin abgeklopft werden müssen.
Den beklagten Verein trifft nur ein geringes Verschulden
Im Ergebnis sah das OLG damit den Vertragsstrafeanspruch dem Grunde nach als gegeben an. Hinsichtlich der Höhe stufte es die Vertragsstrafe aber auf 2.500 EUR herunter. Zu berücksichtigen sei, dass der Schuldner den beanstandeten Inhalt nach entsprechender Aufforderung sofort von seiner Webseite entfernt habe. Die fehlende Recherche bei Google sei nur als geringes Verschulden einzustufen, so dass eine Vertragsstrafe in Höhe von 2.500 EUR ausreichend sei.
Fazit
Die Entscheidung des OLG macht deutlich, dass bei Abfassung von Unterlassungserklärungen sorgfältig auf den Inhalt zu achten ist. Wird eine Unterlassungserklärung eher allgemein formuliert wie im entschiedenen Fall, können für den Erklärenden schwer zu überschauende Recherchepflichten entstehen. In der Praxis empfiehlt sich eine exakte Bestimmung darüber, was gegebenenfalls bei welchen Suchmaschinen zu entfernen ist.
(OLG Celle, Urteil v. 29.1.2015, 13 U 58/14)
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.2082
-
Einseitige Preisanpassung von Amazon Prime ist rechtswidrig
819
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
700
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
677
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
614
-
Minderung schlägt auf Betriebskostenabrechnung durch
533
-
Diese Compliance-Regelungen gelten für Geschenke und Einladungen
475
-
Eigenbedarfskündigung bei Senioren – Ausschluss wegen unzumutbarer Härte?
456
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
437
-
Patronatserklärungen: Wirkung, Varianten und praktische Bedeutung
408
-
Auffahrunfall: Anscheinsbeweis bei Spurwechsel
03.12.2025
-
Wie Unternehmen und Manager mit Nachhaltigkeit umgehen sollten
02.12.2025
-
Internationale Zuständigkeiten deutscher Gerichte im Zusammenhang mit dem Brexit
02.12.2025
-
Keine Kostenerstattung für externes Rechtsgutachten
27.11.2025
-
Revision von CSRD und CSDDD: EU-Parlament beschließt Verhandlungsposition
26.11.2025
-
Unabhängige Beratung durch Versicherungsmakler? – Irreführung der Verbraucher
25.11.2025
-
Keine Zuständigkeit des Generalsbundesanwalts für isolierte Vollstreckung von Verfahrenskosten
25.11.2025
-
Schutz der Anwaltschaft: Regierung stimmt Unterzeichnung des Übereinkommens des Europarats zu
21.11.2025
-
Übermittlung von Positivdaten an die SCHUFA kann zulässig sein
20.11.2025
-
Geparkter E-Scooter beschädigt Auto und keiner haftet?
19.11.2025