Zur Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen

Bei der Fassung von Gesellschafterbeschlüssen ist stets auf die jeweils erforderliche Mehrheit zu achten. Welche Mehrheit im Einzelfall notwendig ist, ergibt sich aus dem Gesetz oder aufgrund gesellschaftsvertraglicher Regelungen. Sieht die Satzung einer GmbH vor, dass bestimmte Beschlüsse die Zustimmung aller Gesellschafter benötigen, so ist davon auszugehen, dass die Änderung dieser Regelung ebenfalls der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf. Beschlüsse, die ohne die erforderliche Mehrheit getroffen wurden, sind unwirksam.

Hintergrund

Die Klägerin war gemeinsam mit den beiden Geschäftsführern Gesellschafterin der beklagten GmbH. Die Geschäftsführer beriefen eine Gesellschafterversammlung ein, um u.a. über i) die Änderung von § 5 d der Satzung und ii) die Genehmigung sämtlicher durch die Geschäftsführer der Beklagten abgeschlossenen Arbeitsverträge zu bestimmen. § 5 d sah u.a. vor, dass die Geschäftsführer für den Abschluss und die Kündigung von Anstellungsverträgen mit einem Jahresbruttogehalt von mehr als 30.000 DM die Zustimmung aller Gesellschafter einzuholen haben. In der Gesellschafterversammlung wurde § 5 d dahingehend geändert, dass die Zustimmung aller Gesellschafter nur noch bei Anstellungsverträgen mit einem Jahresbruttogehalt über 75.000 EUR erforderlich sei. Ferner wurden die durch die Geschäftsführer in der Vergangenheit geschlossen Arbeitsverträge genehmigt. Die Klägerin nahm an der Gesellschafterversammlung nicht teil. 

Die Klägerin begehrte mit der Klage die Nichtigerklärung der Beschlüsse. Erstinstanzlich wurde die Klage abgewiesen. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Berufung. Die Beschlüsse seien nichtig, weil sie nicht mit den Stimmen aller Gesellschafter gefasst worden seien; dies sei jedoch laut der Satzung erforderlich gewesen.

OLG Hamm, Urteil v. 21.12.2015, 8 U 67/15

Die Berufung der Klägerin hatte teilweise Erfolg. Der Beschluss zur Änderung von § 5 d der Gesellschaftssatzung stelle einen satzungsändernden Beschluss dar, der der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfe. Zwar sehe § 5 d das Einstimmigkeitserfordernis nur in Bezug auf die Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte vor, dies gelte jedoch auch für einen Änderungsbeschluss der Satzungsregelung selbst. Denn wenn nach der Satzung für bestimmte nicht satzungsändernde Beschlüsse besondere Mehrheiten erforderlich sind, sei im Regelfall davon auszugehen, dass auch eine Änderung der betreffenden Satzungsbestimmung nur mit der entsprechenden Mehrheit erfolgen könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Satzungsregelung für bestimmte Maßnahmen die Zustimmung aller Gesellschafter vorsehe. Eine solche Satzungsregelung sei nach dem OLG Hamm regelmäßig dahingehend auszulegen, dass allen Gesellschaftern ein individuelles Sonderrecht auf Zustimmung einzuräumen sei. Mangels Zustimmung der Klägerin sei dieser Beschluss daher unwirksam und die Berufung insoweit erfolgreich.

Der Beschluss über die Genehmigung der bestehenden Anstellungsverträge stelle hingegen keinen satzungsändernden Beschluss dar, weshalb die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügte. Es liege daher kein Unwirksamkeitsgrund vor. Auch sei kein Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund gegeben. Die Klägerin habe im Übrigen bereits die Anfechtungsfrist versäumt. Soweit keine abweichenden Regelungen im Gesellschaftsvertrag bestehen, müsse eine Anfechtungsklage mit aller zumutbaren Beschleunigung erhoben werden, wobei die Monatsfrist des § 246 Abs.1 AktG als Maßstab heranzuziehen sei. Zu welchem Zeitpunkt die Anfechtungsfrist beginnt, ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten. Diese Frage ließ das OLG Hamm jedoch offen, da die Frist in jedem Fall versäumt war. Die Berufung hatte bzgl. dieses Beschlusses daher keinen Erfolg.

Praxishinweis

Bei der Vorbereitung und Fassung von Gesellschafterbeschlüssen sind die gesetzlichen und/oder gesellschaftsvertraglichen Regelungen streng einzuhalten. Dies gilt insbesondere für die Einberufung der Gesellschafterversammlung und die erforderlichen Beschlussmehrheiten. Durch entsprechende Satzungsregelungen können die gesetzlichen Einberufungsvoraussetzungen herabgesetzt oder verschärft und die Entscheidungskompetenz der Gesellschafterversammlung näher bestimmt werden. In Bezug auf Anfechtungsklagen sind zudem Regelungen zur Anfechtungsfrist und zum Fristbeginn sinnvoll, da der Fristbeginn umstritten und die Anfechtungsfrist gesetzlich nicht klar definiert ist. Die Entscheidung des OLG Hamm verdeutlicht, dass Gesellschaftsverträge sehr sorgfältig gestaltet werden sollten.

Rechtsanwälte Dr. Hendrik Thies; Meike Kapp-Schwoerer, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg