Sind Zahlungsausfälle einer GmbH an den Alleingesellschafter ein ersatzfähiger Schaden?
Hintergrund
Die klagende GmbH ist Alleingesellschafterin einer gemeinnützigen GmbH (die „Tochtergesellschaft“). Die Tochtergesellschaft erhielt von der öffentlichen Arbeitsverwaltung Schulungsaufträge mit entsprechender Vergütung. Daraufhin beauftragte die Tochtergesellschaft die Klägerin, diese Schulungen in von der Klägerin angemieteten Räumlichkeiten durchzuführen. Heizungsausfälle in den Räumlichkeiten führten allerdings dazu, dass ein Teil der Schulungsmaßnahmen nicht durchgeführt werden konnte, weshalb die Klägerin von der Tochtergesellschaft entsprechend verminderte Zahlungen erhielt.
Die Klägerin macht nun gegen die Vermieter insbesondere Schadensersatzansprüche aufgrund von entgangenem Gewinn geltend.
Das Urteil des KG vom 11.01.2021, Az. 8 U 32/19
Das Kammergericht (KG) verneinte den Anspruch. Denn der Klägerin als alleiniger Gesellschafterin der Tochtergesellschaft sei kein Schaden entstanden. Es reiche nicht, dass diese von ihrer Tochtergesellschaft aufgrund der Schulungsausfälle verminderte Zahlungen erhalten habe. Vielmehr sei für den Schadenseintritt maßgeblich, ob auch die Tochtergesellschaft von der öffentlichen Arbeitsverwaltung keine oder eine entsprechend verminderte Vergütung erhalten habe. Denn nach dem KG finde auch im vorliegenden Fall (juristische Person als Alleingesellschafterin einer GmbH) die Rechtsprechung des BGH Anwendung, nach der die Einpersonen-Gesellschaft im Rahmen der schadensrechtlichen Beurteilung als „Sondervermögen“ des Alleingesellschafters gelte. Daher könne der Alleingesellschafter „nur Ersatz für die Nachteile an seinem Vermögen, d.h. seiner Gesellschaftsbeteiligung, fordern […], wobei allerdings dieser Schaden durch Einbußen des Gesellschaftsvermögens vermittelt wird.“ Nur dann könne von einer wirtschaftlichen Betroffenheit des Alleingesellschafters gesprochen werden. Das KG konnte dem Vortrag der Klägerin aber nicht entnehmen, dass auch die Tochtergesellschaft für die Schulungen keine Vergütung erhalten und somit der Schaden sich im „Sondervermögen“ der Klägerin tatsächlich verwirklicht hat.
Der Übertragung dieser Maßstäbe auf den vorliegenden Fall stehe auch nicht entgegen, dass es sich bei der Tochtergesellschaft um eine gemeinnützige GmbH handelt, die keine Gewinne ausschütten darf. Denn es genüge das Interesse eines Alleingesellschafters, die gemeinnützige Tochtergesellschaft als Geschäftspartner beizubehalten.
Anmerkung
Das Urteil überzeugt. Für die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BGH ist nicht entscheidend, ob der Alleingesellschafter eine natürliche oder juristische Person ist. In schadensrechtlicher Hinsicht sind hier vielmehr, wie das KG richtigerweise konstatiert, „die Beherrschung der Gesellschaft nur durch ihren einzigen Gesellschafter“ und ein etwaiger Verlust im Gesellschaftsvermögen der (Tochter-)Gesellschaft maßgeblich. Mit anderen Worten: Der Schaden des Alleingesellschafters reicht in diesen Konstellation nicht aus, sondern Ersatz erhält er nur, wenn auch bei der (Tochter-)Gesellschaft ein Schaden vorliegt.
Die Anwendung dieser Maßstäbe ist dabei nicht auf den konkreten Fall von Ausfällen von Zahlungen einer GmbH an den Alleingesellschafter beschränkt. Sie sind allgemeingültig bei der Beurteilung, ob beim Alleingesellschafter selbst ein Schaden eingetreten ist.
In jedem Fall muss insbesondere ein Alleingesellschafter auf eine klare Trennung zwischen seinem Privatvermögen und dem „Sondervermögen“ der GmbH achten. Denn bei einer tatsächlichen Vermischung der beiden Vermögensmassen besteht das Risiko der Durchgriffshaftung des (Allein-)Gesellschafters gegenüber Gläubigern der Gesellschaft.
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