Was folgt bei Satzungsverstoß durch Gesellschafterbeschlüsse?
Hintergrund
Die Gesellschafter einer GmbH hatten einstimmig den Beschluss gefasst, ihre GmbH aufzulösen. Die Satzung der GmbH enthielt keine allgemeine Vertretungsregelung für die Liquidatoren, insbesondere galt die entsprechende Regelung für die Geschäftsführer nicht ausdrücklich auch für Liquidatoren. Deshalb hatten die Gesellschafter neben dem (privatschriftlichen) Auflösungsbeschluss gleichzeitig (ebenfalls privatschriftlich) die Satzung um eine entsprechende allgemeine Vertretungsregelung für die Liquidatoren erweitert. Nach dieser Regelung sollten die Liquidatoren auch von § 181 BGB befreit werden können. Das Registergericht wies die Eintragung der Befreiung der Liquidatoren von § 181 BGB mangels gültiger Satzungsregelung zurück. Hiergegen richtete sich die Beschwerde.
Beschluss des OLG Düsseldorf v. 23.09.2016, Az. I-3 Wx 130/15
Das OLG Düsseldorf hat die Auffassung des Registergerichts bestätigt und im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden, dass Regelungen zur allgemeinen Vertretungsbefugnis von Liquidatoren in der Satzung festgehalten sein müssen. Da die allgemeine Vertretungsregelung einen dauerhaften Zustand (Befreiung von § 181 BGB) begründe, sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Beschluss notariell zu beurkunden oder gleichzeitig die Satzung zu ändern. Ohne entsprechende Satzungsregelung sei der Beschluss jedenfalls unwirksam. Da im vorliegenden Fall die Satzungsänderung nicht notariell beurkundet wurde, liege keine wirksame Satzungsgrundlage für diesen Beschluss vor.
Anmerkung
Mit Auflösung der GmbH endet die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer. Die Vertreterstellung und die Abwicklung der GmbH bis zur endgültigen Löschung übernehmen dann die Liquidatoren. Die Vertretungsbefugnisse der Liquidatoren und die Befreiung von § 181 BGB richten sich ebenfalls nach der Satzung. Insofern kam es hier darauf an, ob die Gesellschafter den Liquidator auch ohne entsprechende Grundlage in der Satzung von § 181 BGB befreien konnten.
Mit seinem rechtskräftigen Beschluss bestätigt das OLG Düsseldorf die derzeit geltenden Regeln für sogenannte satzungsdurchbrechende Gesellschafterbeschlüsse. Sofern der Beschluss einen „dauerhaften Zustand“ begründet, ist er notariell zu beurkunden und in das Handelsregister einzutragen. Anderenfalls muss der Beschluss auf einer wirksam geänderten Satzungsregelung beruhen. Wird der Beschluss vor Eintragung der Satzungsänderung gefasst, sollte er aufschiebend bedingt auf die Eintragung der Änderung gefasst werden.
Ob bei sogenannten „punktuellen Satzungsdurchbrechungen“ auf die notarielle Beurkundung und/oder die Eintragung verzichtet werden kann, ist umstritten – ebenso wie Abgrenzung zwischen dauerhafter und punktueller Durchbrechung. Eine punktuelle Durchbrechung stellt zum Beispiel eine einmalige Abweichung von Bilanzierungsvorschriften für einen bestimmten Abschluss dar, so dass der Beschluss nach überwiegender Meinung zwar zu beurkunden, aber nicht im Register einzutragen ist. Die Vertretungsbefugnis wird als dauerhafte Regelung angesehen, weil der Liquidator in vielen Fällen von § 181 BGB befreit auftreten kann. Um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, sollte aber auch bei punktuellen Satzungsdurchbrechungen die Satzung vor oder gleichzeitig mit der Beschlussfassung geändert werden.
Eine Streitigkeit wie im vorliegenden Fall lässt sich im Übrigen vermeiden, wenn in der Satzung bereits bei Gründung geregelt wird, dass die für Geschäftsführer geltenden Vertretungsregeln für Liquidatoren entsprechend gelten.
Rechtsanwälte Dr. Jan Henning Martens, Holger Hiss, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg
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