Unzulässige Kündigungsbeschränkung bei GbR

Die im Gesellschaftsvertrag einer GbR geregelte Bindung von 31 Jahren stellte in diesem Fall  eine unzulässige Kündigungsbeschränkung dar und war daher unwirksam. Dies hatte zur Folge, dass der Gesellschafter jederzeit kündigen darf.

Hintergrund

Die Beklagte trat der Klägerin, einem geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), im März 2006 bei und verpflichtete sich zu einer monatlichen Ratenzahlung in Höhe von 52,50 € über einen Zeitraum von 30 Jahren. Die Beitrittserklärung sah u.a. vor, dass eine Kündigungsmöglichkeit bei dem von der Beklagten gewählten Beteiligungsmodell (Laufzeit 30 Jahre) zum Ende des 31. Beteiligungsjahres besteht.  

Die Klägerin verlangte von der Beklagten Zahlung ausstehender Monatsraten von September 2006 bis Dezember 2009. Die Beklagte erklärte am 9. November 2010 die Kündigung des Beteiligungsverhältnisses.

Urteil des BGH v. 6.11.2012, Az. II ZR 176/12

Bei dem Ausschluss des Kündigungsrechts über 31 Jahre handelt es sich um eine unzulässige Kündigungsbeschränkung nach § 723 Abs. 3 BGB. Der Zweck des § 723 Abs. 3 BGB besteht darin, Vereinbarungen über die Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts die Wirksamkeit zu versagen, bei denen die Bindung der Gesellschafter an die Gesellschaft zeitlich ganz unüberschaubar ist und infolgedessen ihre persönliche und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit unvertretbar eingeengt wird.  Eine solche zeitliche Unüberschaubarkeit wird nicht nur bei unbefristeten, sondern auch bei zeitlich befristeten Gesellschaftsverträgen angenommen, sofern die Bindung von solch langer Dauer ist, dass bei Vertragsausschluss die Entwicklung und damit die Auswirkungen auf den Gesellschafter unübersehbar sind.  Wo die zeitlichen Grenzen einer zulässigen Zeitbestimmung verlaufen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Trotz der vorliegend geringen monatlichen Ratenzahlung, der von der Beklagten freiwillig eingegangen Laufzeit von 31 Jahren und der Möglichkeit der Beitragsfreistellung nach zwölf Jahren wurde diese Vertragsbindung als unwirksam erachtet. Sie stellt für die Beklagte ein unüberschaubares Haftungsrisiko dar, die ihre persönliche und wirtschaftliche Handlungsfreiheit zu sehr beeinträchtigt. Die Beklagte konnte daher ordentlich kündigen, § 723 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Außerdem war die GbR nicht mehr berechtigt, rückständige Zahlungsansprüche gegen die Gesellschafterin geltend zu machen. Denn diesen Ansprüchen steht mit dem Ausscheiden der Gesellschafterin eine sog. „Durchsetzungssperre“ entgegen: d.h. diese Zahlungsansprüche sind nur noch als Rechnungsposten bei der Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens des Gesellschafters zu berücksichtigen.

Anmerkung

Bei der Gestaltung der Vertragsdauer und der Kündigungsregelungen in Gesellschaftsverträgen einer GbR ist daher eine längerfristige Bindung der Gesellschafter nur nach näherer Prüfung ratsam. Ansonsten tritt an die Stelle der unwirksamen Regelung die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung. Dies birgt das Risiko, dass eine Vielzahl von Gesellschaftern die GbR vorzeitig kündigt und ihnen das Auseinandersetzungsguthaben zu zahlen ist. Auf diese Weise würde z.B. einem als GbR strukturiertem Fonds vorzeitig finanzielle Mittel entzogen.

Rechtsanwalt Dr. Hendrik Thies, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg

Schlagworte zum Thema:  GbR, Gesellschaftsvertrag, Kündigung