Einheitsgesellschaft: Vertretung der KG

Ist bei einer GmbH & Co. KG die KG einzige Gesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH (sog. Einheitsgesellschaft), wird die KG in der Gesellschafterversammlung ihrer Komplementärin durch deren Geschäftsführer vertreten, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht.

Hintergrund

Die Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG hatte eine neue (zusätzliche) Geschäftsführerin bestellt. Bei der GmbH & Co. KG handelte es sich um eine sog. Einheitsgesellschaft, bei der die KG einzige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH ist. Die KG wurde in der Gesellschafterversammlung ihrer Komplementärin durch deren Geschäftsführer vertreten. Denn nach der gesetzlichen Regelung der §§ 161 Abs. 2, 164, 125 HGB wird die KG durch ihre Komplementärin und diese wiederum durch ihre Geschäftsführer vertreten, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht. Das Registergericht beanstandete bei der Anmeldung der Bestellung der neuen Geschäftsführerin, der Gesellschafterbeschluss müsse von den Kommanditisten der KG genehmigt werden. Es sei nicht ausreichend, dass die KG als Gesellschafterin der Komplementär-GmbH bei der Beschlussfassung durch die GmbH-Geschäftsführer vertreten worden sei.

Der Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 21.12.2018, Az. 22 W 84/18

Auf die Beschwerde der Komplementär-GmbH entschied das Kammergericht, dass die neue Geschäftsführerin auch ohne Mitwirkung der Kommanditisten wirksam bestellt worden sei. Sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung enthalte, werde bei der Einheitsgesellschaft die KG in der Gesellschafterversammlung ihrer Komplementär-GmbH allein durch deren Geschäftsführer vertreten.

Das Kammergericht führt die Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 16.07.2007, Az. II ZR 109/06) fort. In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um die Kündigung eines von mehreren Geschäftsführern der Komplementär-GmbH einer Einheitsgesellschaft. Der BGH urteilte:

In einer Komplementär-GmbH, deren Anteile von der KG gehalten werden, nehmen – sofern der Gesellschaftsvertrag der KG keine abweichenden Regeln enthält – die der KG als Alleingesellschafterin zustehenden Rechte in der Gesellschafterversammlung die organschaftlichen Vertreter der GmbH wahr. Über die Kündigung des organschaftlichen Anstellungsverhältnisses eines Geschäftsführers der Komplementärin entscheiden deswegen dessen Mitgeschäftsführer.

Anmerkung

Die Einheitsgesellschaft ist eine häufig gewählte Form der GmbH & Co. KG, mit der die Beteiligungen an Komplementär-GmbH und KG verzahnt werden. In der praktischen Handhabung kann die Einheitsgesellschaft jedoch dann zu von den Kommanditisten ungewünschten Ergebnissen führen, wenn der Gesellschaftsvertrag der KG keine Regelungen dazu enthält, wer die der KG als Alleingesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH zustehenden Rechte wahrnimmt. In diesem Fall nehmen die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH von Gesetzes wegen die Gesellschafterrechte der KG, einschließlich der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH, wahr. Diese Rechtsfolge ist nicht zuletzt unter dem Aspekt guter Corporate Governance fragwürdig: Letztendlich kontrollieren sich die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH dann selbst. Vielfach dürfte dieses Ergebnis auch nicht im Einklang mit dem Motiv stehen, das die Kommanditisten bei ihrer Entscheidung für die Einheitsgesellschaft haben. Es dürfte ihnen meist darum gehen, nicht nur die Gesellschafterstellung bei KG und Komplementärin, sondern auch die damit verbundenen Gesellschafterrechte zu verzahnen, d.h. bei den Kommanditisten anzusiedeln.

Gestaltungsmöglichkeiten

In der Satzung der Komplementär-GmbH und im Gesellschaftsvertrag der KG sollten Regelungen dazu getroffen werden, wer die Gesellschafterrechte bei der Komplementär-GmbH wahrnehmen soll – die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH oder die Kommanditisten. Meist wird es im Interesse der Kommanditisten sein, die Willensbildung in der Komplementär-GmbH zu steuern, statt dies den Geschäftsführern zu überlassen – jedenfalls dann, wenn es um die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, den Abschluss, die Änderung oder die Beendigung von Verträgen oder bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen geht, die die Kommanditisten unter ihren Zustimmungsvorbehalt stellen wollen. Es ist daher meist sachgerecht, die Entscheidungsbefugnis auf die Kommanditisten zu „übertragen“, was jedoch in zweierlei Hinsicht rechtlichen Restriktionen unterliegt. Eine echte „Übertragung“ der Stimmrechte scheitert an dem im Gesellschaftsrecht geltenden Verbot der Stimmrechtsabspaltung: Inhaber der Gesellschafts-/Geschäftsanteile darf nicht dauerhaft ein anderer sein als derjenige, der die Stimmrechte aus den Anteilen ausübt. Eine bloße Bevollmächtigung der Kommanditisten zur Ausübung der Stimmrechte reicht nicht aus, da

  1. eine Vollmacht widerrufen werden kann und
  2. eine Vollmacht den Vollmachtgeber grundsätzlich nicht daran hindert, die Stimmrechte selbst wahrzunehmen.

Ob die Ausgestaltung der Stimmrechtsvollmacht als gesellschaftsvertragliches, nur aus wichtigem Grund entziehbares Sonderrecht weiterhilft, wird kontrovers diskutiert; Entscheidungen von Obergerichten gibt es dazu noch nicht. Gegebenenfalls könnte man auch daran denken, die Geschäftsführer der GmbH einem Weisungsrecht der Kommanditisten zu unterwerfen.

Fazit: Nur eine individuell passende Regelung in den Gesellschaftsverträgen von Komplementär-GmbH und KG kann Problemen bei der Vertretung der KG in der Gesellschafterversammlung der Komplementärin vorbeugen. Im Einzelfall sollte immer geprüft werden, ob die GmbH & Co. KG in der Form der Einheitsgesellschaft für das jeweilige Unternehmen sachgerecht ist.


Rechtsanwälte Gerhard Manz und Dr. Birgit Münchbach, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg