AGB-Kontrolle: Zur Angemessenheit von Vertragsstrafen in AGB

Eine AGB-Vertragsstrafenvereinbarung, die für Vertragsverstöße von unterschiedlichem Gewicht einen gleich hohen pauschalen Betrag vorsieht, ist unwirksam, wenn sie angesichts des typischerweise geringsten Vertragsverstoßes unverhältnismäßig hoch ist.

Vertragsstrafenklausel in AGB

Die Klägerin ist Herausgeberin eines Gutscheinheftes („Schlemmerblock“) im Bereich Gastronomie. Sie bietet Gastwirten an, darin Anzeigen zu veröffentlichen. Im Gegenzug verpflichten sich die Gastwirte, den Erwerbern des Schlemmerblocks bei Vorlage der darin enthaltenen Gutscheine und Abnahme von zwei Hauptgerichten das günstigere Gericht nicht in Rechnung zu stellen. Zur Sicherung des Geschäftsmodells enthalten die AGB der Klägerin eine Vertragsstrafenklausel. Danach ist bei jedem vorsätzlichen Verstoß des Gastwirts gegen den Anzeigenvertrag eine Strafe von 2.500 EUR, maximal jedoch 15.000 EUR, an die Klägerin zu zahlen ist. Nachdem es bei einem Gastwirt zu mehreren Beschwerden von Kunden über die Nichteinlösung der Gutscheine kam, weigerte sich dieser auf Anfrage der Klägerin, die Vorgaben im Rahmen der Schlemmerblock-Aktion künftig zu erfüllen. Die Klägerin forderte daraufhin die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 2.500 EUR.

Pauschalbetrag ohne Differenzierung nach Verstoß unwirksam (BGH, Urteil v. 31.08.2017, Az. VII ZR 308/16)

Der BGH hat die Vertragsstrafenklausel im vorliegenden Fall für unwirksam erklärt. Nach Auffassung des Senats ist der konkrete Pauschalbetrag, der ohne Differenzierung nach dem Gewicht des Vertragsverstoßes anfällt, unverhältnismäßig hoch. Damit benachteiligt sie den beklagten Gastwirt unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

Zur Begründung weist der Senat beispielsweise auf die vertragliche Pflicht der Gastwirte hin, mindestens acht Hauptgerichte anzubieten, die sich nicht nur durch Saucen und Beilagen unterscheiden. Nach der Zweifelsregel des § 305c Abs. 2 BGB führe dies dazu, dass bei nur sieben angebotenen Hauptgerichten oder ähnlichen Verstößen gegen weniger wichtige Vertragspflichten eine Verwirkung der Vertragsstrafe gegeben und damit 2.500 EUR an die Klägerin zu zahlen wären. Für derartige Verstöße sei die formularmäßige Vereinbarung einer Strafe in Höhe von 2.500 aber offensichtlich unverhältnismäßig hoch.

Auch führe der Umstand, dass die Vertragsstrafe nur für vorsätzliche Pflichtverletzungen vereinbart ist, zu keiner abweichenden Bewertung. Ausschlaggebend sei die fehlende Differenzierung nach dem Gewicht der einzelnen Verstöße und die sich daraus ergebende Unverhältnismäßigkeit der Vertragsstrafenhöhe im Hinblick auf geringfügige Vertragsverletzungen.

Überprüfung der Vertragsstrafenregelungen ratsam

Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Bei der Auslegung der Klausel gehen Risiken zu Lasten des Verwenders.

Der BGH führt mit dem Urteil seine strenge Linie hinsichtlich pauschaler Beträge in Vertragsstrafenvereinbarungen in AGB fort (etwa BGH, Urteil vom 20.01.2016 - VIII ZR 26/15).

Unternehmen sollten die Entscheidung des BGH zum Anlass nehmen, Vertragsstrafenregelungen in ihren AGB zu überprüfen. Es ist dabei im Einzelfall darauf zu achten, dass die Höhe der Vertragsstrafe nach der Schwere des jeweiligen Verstoßes bzw. den jeweiligen Vertragspflichten differenziert. Ein pauschaler Betrag für sämtliche in Betracht kommenden Vertragsverletzungen wird – wie das Urteil des BGH zeigt – häufig unwirksam sein. Sofern es im Einzelfall möglich ist, sollte für besonders bedeutsame Vertragspflichten demnach jeweils eine angemessene Strafhöhe konkret beziffert werden. Dies setzt stets eine exakte Formulierung voraus. Auch ist immer zu berücksichtigen, dass eine AGB-Vertragsstrafe verschuldensabhängig sein muss und auf einen eventuellen Schadensersatzanspruch anzurechnen ist.

Strengere Vertragsstrafen (bzgl. Höhe, Verschulden etc.) können nur vereinbart werden, wenn sie individuell ausgehandelt werden. Das muss auch nachweisbar sein – etwa durch eine Verwendung von Platzhaltern in Entwürfen, dokumentierten Verhandlungen dazu und bestenfalls auch ein „Geben und Nehmen“ beim Abschluss des finalen Vertrags.

Rechtsanwälte Dr. Jan Henning Martens, Dr. Oliver Wasmeier, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg

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