EGMR: Nachträgliche Sicherungsverwahrung für psychisch kranke Straftäter jetzt zulässig
Der Beschwerdeführer, ein 72 Jahre alter Sexualstraftäter, wurde im Jahr 1986 wegen zweifachen Mordes und wegen Vergewaltigung vom Landgericht Hannover zu einer 15-jährigen Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Das Gericht stützte sich bei der Begründung der Sicherungsverwahrung auf zwei medizinische Sachverständigengutachten, welche dem Täter eine Persönlichkeitsstörung mit dem Hang zur Begehung schwerer Straftaten - insbesondere unter Alkoholeinfluss - bescheinigten.
Therapieunterbringungsgesetz (ThUG) gebilligt
Nach Beendigung der 15-jährigen Haftstrafe wurde er im Jahr 2001 in der Sicherungsverwahrung untergebracht, welche nach der zum Zeitpunkt der Taten und der Verurteilung zulässigen Höchstdauer von zehn Jahren in regelmäßigen Abständen verlängert wurde. Gestützt auf das vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Therapieunterbringungsgesetz ordnete das LG Lüneburg 2013 die Fortdauer der Sicherungsverwahrung an, da weiterhin ein hohes Risiko zur Begehung schwerer, sexuell motivierter Straftaten bestehe.
Sicherungsverwahrung in Deutschland hat sich grundlegend geändert
Nachdem der Mann vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterte, zog er – ebenfalls erfolglos - vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Nach Ansicht der Straßburger Richter habe sich das Wesen der Sicherungsverwahrung in Deutschland seit dem Urteil von 2009, mit welchem die damaligen deutschen Regelungen zur nachträglichen Sicherungsverwahrung gekippt wurden, grundlegend geändert.
Betroffene würden nun in entsprechenden Einrichtungen mit dem Ziel der weiteren Behandlung untergebracht.
Ziel ist Therapie – keine Strafe i.S.d. Art. 7 EMRK
Die weitere Sicherungsverwahrung verstoße weder gegen Art. 5 noch gegen Art. 7 EMRK, da die Art und die Schwere der psychischen Störung einen Freiheitsentzug rechtfertige. Zudem sei der Beschwerdeführer in einer Einrichtung mit einem entsprechenden Therapieangebot untergebracht.
(EGMR, Urteil v. 07.01.2016, 23279/14).
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