Mordversuch wegen Wurf eines Feuerlöschers

Den Wurf eines Feuerlöschers auf eine fahrende S-Bahn wertete der BGH als Mordversuch an der Lokführerin und bestätigte die vom OLG ausgesprochene mehr als siebenjährige Freiheitsstrafe.

Keine seltene Situation: Ein U-Bahn Sonderzug ist im August 2014 mit Fußballfans gefüllt. Der Angeklagte hatte sich einem „Fanmarsch“ von Nürnberg nach Fürth angeschlossen. Ziel des Marsches war das Fußballspiel SpVgg Greuther Fürth gegen den 1. FC Nürnberg. Im Sonderzug randalierten die - zumindest teilweise - bereits stark alkoholisierten Fans. Sie überklebten Überwachungskameras, entfernten Scheiben des Waggons aus ihren Halterungen. Irgendwie gelangte in dem entstandenen Durcheinander ein Feuerlöscher in die Hand des Angeklagten. Der Angeklagte betätigte den Feuerlöscher und entleerte den Inhalt zum Fenster des Waggons hinaus.

4 kg schweren Feuerlöscher in vorbeifahrenden Zug geschleudert

Als der ziemlich aufgedrehte Fan sah, wie auf dem Gegengleis eine S-Bahn entgegenkam, warf er den noch über vier Kilo schweren Feuerlöscher aus dem Fenster gezielt in Richtung der Frontscheibe des entgegenkommenden Zuges. Er hatte nach eigener Aussage die Absicht, die Frontscheibe des entgegenkommenden Zuges zu beschädigen. Der Feuerlöscher schlug tatsächlich in die Frontscheibe des entgegenkommenden Zuges ein, die dadurch großflächig zersplitterte, aber nicht durchschlagen wurde.

Frontscheibe nur mit viel Glück nicht komplett zerstört

Wie ein Sachverständiger später feststellte, wäre die Frontscheibe normalerweise von dem Feuerlöscher durchschlagen worden und hätte zu tödlichen Verletzungen der dahinter befindlichen Zugführerin führen können. Dies unterblieb nur deshalb, weil die Scheibe ungewöhnlich stark war. Die aus Verbundglas hergestellte Frontscheibe überstieg in ihrer Stärke den internationalen Standard um das Fünffache. Auf diese Weise erlitt die Zugführerin lediglich leichte Verletzungen durch Glassplitter und wurde so vor Schlimmerem bewahrt. Außerdem fuhr der entgegenkommende Zug durch einen glücklichen Zufall langsamer als es die Richtgeschwindigkeit auf diesem Streckenabschnitt vorsah. Auch dies hatte die Scheibe nach den Feststellungen des Sachverständigen wahrscheinlich vor einem Durchschlag bewahrt.

Unglaubliche Gleichgültigkeit des Täters

Der BGH bestätigte vor diesem Hintergrund das Urteil des OLG, das den Randalierer

  • wegen versuchten Mordes
  • in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung,
  • Beeinträchtigung von Nothilfemitteln,
  • gemeingefährlicher Sachbeschädigung und
  • Störung öffentlicher Betriebe
  • zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren und 1 Monat verurteilt hatte.

Den Mordversuch begründete das Gericht damit, dass der Angeklagte bei dem Wurf des Feuerlöschers in Richtung des entgegenkommenden Zuges in der Absicht, die Frontscheibe zu beschädigen, damit rechnen musste, dass ein hinter der Frontscheibe befindlicher Lokführer oder eine Lokführerin von mit großer Geschwindigkeit umherfliegenden Glassplittern oder von dem Feuerlöscher selbst getroffen würde und dies zu lebensgefährlichen Verletzungen hätte führen können. Lediglich aus Nachlässigkeit und unglaublicher Gleichgültigkeit habe der Angeklagte eine solche Folge wohl nicht wirklich in Betracht gezogen; dies hätte er nach Auffassung des Gerichts aber tun müssen.

Harte Strafen sollen andere Randalierer abschrecken

Eine äußerst harte Strafe für einen Fußballrowdy, der sich wahrscheinlich einfach nur austoben wollte. Generalpräventive Gesichtspunkte dürften bei diesem Urteil eine Rolle gespielt haben. Ob ein solches Urteil einen Großteil der Minderheit der zur Randale neigenden Fußballfans beeindruckt, bleibt abzuwarten. Der ein oder andere auf Randale erpichte Fußballfan könnte sich durch Strafen in dieser Größenordnung aber schon beeindrucken und von der ein oder anderen Straftat abhalten lassen. Dann hätte das Urteil seinen Sinn nicht verfehlt.

(BGH, Beschluss v. 28.4.2016, 4 StR 88/16)

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