
Die Durchsuchung einer Privatwohnung setzt einen Verdacht voraus. Sie darf nicht lediglich der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind. Mit dieser Begründung hat das Bundesverfassungsgericht die Durchsuchung bei einem angestellten Syndikus für rechtswidrig erklärt.
Angesichts des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung setzt ihre Durchsuchung den Verdacht einer Straftat voraus, der auf konkreten Tatsachen beruht. Vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht.
Noch kein Tatverdacht
Im Raum stand der Vorwurf der Bestechung ausländischer Amtsträger durch die Industrie. Doch ein Tatverdacht ergibt sich nach Ansicht des BVerfG nicht ohne Weiteres daraus, dass der Leiter einer Rechtsabteilung sich zur Aufarbeitung des Sachverhalts und zur Vorbereitung des Verteidigungsvorbringens des Unternehmens veranlasst sieht, nachdem staatsanwaltliche Ermittlungen im Umfeld des Unternehmens durch einen Presseartikel bekannt geworden sind.
Unternehmensjurist ficht Durchsuchungsbeschlüsse an
Der Beschwerdeführer ist Prokurist sowie Leiter der Rechtabteilung eines Unternehmens der Rüstungsindustrie. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet er sich gegen einen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Stuttgart sowie gegen einen bestätigenden Beschluss des Landgerichts Stuttgart.
Die Karlsruher Richter hängten das Schutzrecht an der Wohnung hoch: Die angegriffenen Beschlüsse verletzten ihrer Ansicht nach den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG.
Absage an Willkür und falsche Sicht auf Grundrechte
Eine ins Einzelne gehende Nachprüfung des von den Fachgerichten angenommenen Verdachts sei zwar nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts. Aber:
- Ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts sei geboten, wenn die Auslegung und Anwendung der strafrechtlichen Bestimmungen objektiv willkürlich sind
- oder Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Grundrechte des Betroffenen beruhen.
Unternehmensjurist verhielt sich korrekt
Diesen Maßstäben werden die angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts Stuttgart und des Landgerichts Stuttgart nach dem Karlsruher Machtwort nicht gerecht.
Die Annahme des Verdachts einer Beteiligung des Beschwerdeführers an einer gemeinschaftlichen Bestechung ausländischer oder inländischer Amtsträger beruhe nicht auf konkreten Tatsachen, sondern auf allenfalls vagen Anhaltspunkten und bloßen Vermutungen.
Gegen die Feststellung, dass die Stellung des Beschwerdeführers als Prokurist für sich genommen einen Anfangsverdacht nicht zu begründen vermag, ist verfassungsrechtlich nichts einzuwenden.
Darüber hinaus sei noch nicht verdächtig, wenn der Leiter der Rechtsabteilung nach einem Presseartikel über staatsanwaltlichen Ermittlungen im Umfeld des Unternehmens den Sachverhalt aufarbeitete und ein Verteidigungsvorbringen des Unternehmens in Angriff nahm..
Daraus könne nicht gefolgert werden, dass sein Handeln auf eine Verschleierung rechtswidriger Taten abziele. Erst recht könne daraus nicht auf eine Beteiligung des Beschwerdeführers an Bestechungshandlungen geschlossen werden, befand das Gericht.
(BVerfG, Beschluss v. 13.3.2014, 2 BvR 974/12).