BGH: Stromkunde muss Leitung auf seinem Grundstück dulden
Hintergrund
Die Eigentümer eines Grundstücks verlangen vom örtlichen Stromversorger, dass dieser ein Stromkabel entfernt, das durch ihr Grundstück verläuft.
Die Stromleitungen wurden 2003 verlegt. Das für die Versorgung der Straßenanlieger mit Elektrizität erforderliche Kabel wurde nicht im Straßenkörper, sondern auf einer Länge von 20 Metern unmittelbar neben der Straße in einem Streifen verlegt, der zum Grundstück der klagenden Eigentümer gehört.
Entscheidung
Der BGH weist das Ansinnen der Grundstückseigentümer, das Kabel von ihrem Grundstück zu entfernen, zurück.
Die Grundstückseigentümer können nicht die Entfernung der Leitungen verlangen. Ein solcher Anspruch ist ausgeschlossen, weil die Kläger
- als Stromanschlussnehmer,
- die Grundstückseigentümer sind,
- nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 AVBEltV verpflichtet waren,
- die Verlegung der Leitungen unentgeltlich zuzulassen.
Ist – wie vorliegend – die Inanspruchnahme von privatem und öffentlichem Grundeigentum für eine Verlegung von Stromleitungen gleichwertig möglich, ist das Auswahlermessen des Versorgungsunternehmens nicht dahin eingeschränkt, dass es öffentliches Grundeigentum vorrangig in Anspruch zu nehmen hat.
Selbst wenn der Stromversorger einen Anspruch haben sollte, dass die Leitungsverlegung im Straßenraum gestattet wird, hat dies nicht zur Folge, dass die hier gewählte Inanspruchnahme des Grundstücks ermessensfehlerhaft war.
(BGH, Urteil v. 28.4.2010, VIII ZR 223/09)
§ 8 AVBEltV (Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden*): Grundstücksbenutzung
(1) Kunden und Anschlußnehmer, die Grundstückseigentümer sind, haben für Zwecke der örtlichen Versorgung (Niederspannungs- und Mittelspannungsnetz) das Anbringen und Verlegen von Leitungen zur Zu- und Fortleitung von Elektrizität über ihre im gleichen Versorgungsgebiet liegenden Grundstücke, ferner das Anbringen von Leitungsträgern und sonstigen Einrichtungen sowie erforderliche Schutzmaßnahmen unentgeltlich zuzulassen. Diese Pflicht betrifft nur Grundstücke, die an die Stromversorgung angeschlossen sind, die vom Eigentümer in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Stromversorgung eines angeschlossenen Grundstücks genutzt werden oder für die die Möglichkeit der Stromversorgung sonst wirtschaftlich vorteilhaft ist. Sie entfällt ferner, wenn die Inanspruchnahme der Grundstücke den Eigentümer mehr als notwendig oder in unzumutbarer Weise belasten würde.
…
*seit 8. November 2006 ersetzt durch:
§ 12 NAV (Niederspannungsanschlussverordnung): Grundstücksbenutzung
(1) Anschlussnehmer, die Grundstückseigentümer sind, haben für Zwecke der örtlichen Versorgung (Niederspannungs- und Mittelspannungsnetz) das Anbringen und Verlegen von Leitungen zur Zu- und Fortleitung von Elektrizität über ihre im Gebiet des Elektrizitätsversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung liegenden Grundstücke, ferner das Anbringen von Leitungsträgern und sonstigen Einrichtungen sowie erforderliche Schutzmaßnahmen unentgeltlich zuzulassen. Diese Pflicht betrifft nur Grundstücke,
1. die an das Elektrizitätsversorgungsnetz angeschlossen sind,
2. die vom Eigentümer in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem an das Netz angeschlossenen Grundstück genutzt werden oder
3. für die die Möglichkeit des Netzanschlusses sonst wirtschaftlich vorteilhaft ist.
Sie besteht nicht, wenn die Inanspruchnahme der Grundstücke den Eigentümer mehr als notwendig oder in unzumutbarer Weise belasten würde; insbesondere ist die Inanspruchnahme des Grundstücks zwecks Anschlusses eines anderen Grundstücks an das Elektrizitätsversorgungsnetz grundsätzlich verwehrt, wenn der Anschluss über das eigene Grundstück des anderen Anschlussnehmers möglich und dem Netzbetreiber zumutbar ist.
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