BGH: Flug wegen Passkontrolle verpasst: Schadensersatz?

Der Flughafenbetreiber ist nicht zum Schadenersatz verpflichtet, wenn ein Passagier wegen fehlender Nutzungsmöglichkeit der automatisierten Grenzkontrolle EasyPASS die normale Grenzkontrolle passieren muss und wegen der dortigen Wartezeiten seinen Flug versäumt. Dies hat der Bundesgerichtshof am 8.12.2022 entschieden.

Der Einsatz des Grenzkontrollsystems EasyPASS ermöglicht an Flughäfen eine automatisierte Überprüfung elektronischer Reisedokumente und damit eine schnellere Abfertigung von Passagieren bei der Grenzkontrolle. Das System soll damit für Passagiere überlange Wartezeiten vermeiden helfen.

EasyPASS setzt Mindestalter von 12 Jahren voraus

Auch am Flughafen Düsseldorf wird das Grenzkontrollsystem EasyPASS eingesetzt. Der Flughafenbetreiber weist auf seiner Internetseite auf diese Möglichkeit der schnelleren Abfertigung von Passagieren bei der Grenzkontrolle ausdrücklich hin. Auf der Internetseite fehlt allerdings ein Hinweis darauf, dass für die Nutzung des Systems ein Mindestalter von 12 Jahren erforderlich ist.

Bummel durch diverse Geschäfte vor der Sicherheitskontrolle

Der Kläger des vom BGH entschiedenen Falls hatte für sich, seine Ehefrau sowie seine 3 minderjährigen Kinder einen Überseeflug gebucht. Die planmäßige Abflugzeit war 12:15 Uhr. Bereits um 10:07 Uhr erschien der Kläger mit seiner Familie am Check-In-Schalter und gab dort das Familiengepäck auf. Im Vertrauen auf eine zügige Grenzkontrolle mithilfe von EasyPASS unternahm der Kläger nach der Gepäckaufgabe mit seiner Familie einen kleinen Bummel durch diverse Flughafenläden und begab sich gegen 11:10 Uhr zur Sicherheitskontrolle.

Familie zur analogen Grenzkontrolle verwiesen

Nach Beendigung der Sicherheitskontrolle gegen 11:35 Uhr kam es an der elektronischen Passkontrolle EasyPASS zu Schwierigkeiten, weil die jüngste Tochter des Klägers noch nicht das erforderliche Mindestalter von 12 Jahren erreicht hatte und damit nicht die Systemvoraussetzungen von EasyPASS erfüllte. Die Familie wurde daher an die analog von Personal durchgeführte Grenzkontrolle verwiesen.

Flieger wegen zu langwieriger Grenzkontrolle verpasst

Nach Darstellung des Klägers wurden er und seine Familie trotz Hinweis auf den unmittelbar bevorstehenden Abflug und der vor der Kontrollstelle befindlichen Warteschlange von dem zuständigen Personal nicht vorgezogen. Es kam wie es kommen musste, der Flieger wurde nicht mehr erreicht. Dem Kläger blieb nichts anderes übrig als für sich und seine Familie einen Ersatzflug zu buchen. Kostenpunkt für Ersatztickets, zusätzliche Hotel- und Fahrtkosten: 2.980,08 Euro.

Passkontrolle nicht im Verantwortungsbereich der Flughafengesellschaft

Die Klage des Familienvaters auf Schadenersatz gegen die Flughafengesellschaft war über 3 Instanzen erfolglos. Der BGH hatte schon Zweifel, ob zwischen der Betreibergesellschaft des Flughafens und dem Kläger überhaupt eine vertragliche Beziehung entstanden ist, aus der der Kläger Schadensersatzansprüche herleiten könnte. Jedenfalls sei die Flughafengesellschaft für die Organisation der Passkontrollen nicht verantwortlich. Die Passkontrolle falle gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a BPolG vielmehr in den Verantwortungsbereich der Bundespolizei. Der Flughafenbetreiber habe daher auch keine Einflussmöglichkeit darauf, bei der Polizeikontrolle verspätete Passagiere vorzuziehen.

Nutzungsbedingungen für EasyPass im Internet einsehbar

Den fehlenden Hinweis auf das erforderliche Mindestalter für die Nutzung des EasyPASS-Systems bewertete der BGH nicht als zum Schadensersatz verpflichtende Fehlinformation. Dieser Hinweis auf der Internetseite des Flughafenbetreibers sei erkennbar nicht abschließend ausgestaltet. Die genauen Nutzungsbedingungen seien auf einer eigens hierfür eingerichteten Internetseite der Bundespolizei einsehbar. Die exakte Information über die Nutzungsbedingungen falle damit ebenfalls nicht in den Verantwortungsbereich der Flughafengesellschaft.

Kläger selbst hat den verpassten Flug zu verantworten

Schließlich lag nach Auffassung des BGH die Verantwortung für den verpassten Flug beim Kläger selbst. Der Kläger habe auf die Einplanung eines ausreichenden Zeitpuffers für die Flugabfertigung unter Vertrauen auf das automatisierte Grenzkontrollsystem EasyPASS bewusst verzichtet, ohne sich zuvor über die Nutzungsbedingungen zu informieren. Ein solches System könne im Übrigen auch aus technischen Gründen ausfallen, sodass man auch aus diesem Grund auf eine beschleunigte Kontrolle nicht vertrauen dürfe. Zudem hätten der Kläger und seine Familie durch einen Geschäftsbummel leichtsinnig unnötig Zeit vertan, wofür der Flughafenbetreiber ebenfalls keine Verantwortung trage.

Klage abgewiesen

Im Ergebnis war die Klage auf Schadenersatz daher über 3 Instanzen erfolglos. Der Kläger muss die ihm entstandenen zusätzlichen Kosten daher selbst tragen.

(BGH, Urteil v. 8.12.2022, III ZR 204/21)


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