Sitzengeblieben? Versetzung gefährdet? Zeugnisvergabe ist kein re

Schuljahresende ist nicht selten für Eltern und Schüler Katastrophenzeit. Egal ob "sitzengeblieben" oder die Klasse nicht mit den erhofften, für den weiteren Bildungsweg wichtigen Ergebnissen abgeschlossen wurde: Zu schlechte Noten können niederschmetternd sein, zumal, wenn sie als ungerecht empfunden werden. Handlungsmöglichkeiten?

Zeugnisse werden immer wichtiger, je älter der Schüler ist. Nicht nur die Versetzung, auch die Erlangung von Ausbildungs- oder Studienplätzen hängt davon ab.

Zeugnisse sind grundrechtsrelevant

Zeugnisse tangieren die Persönlichkeitsrechte, insbesondere die Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 GG. Daher sind Schüler und Eltern der Zeugniserteilung nicht schutzlos ausgeliefert. Immer wenn diese Rechte berührt sind, hat der Betroffene die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Notenvergabe gerichtlich überprüfen zu lassen.

Jahreszeugnisse unterliegen der gerichtlichen Anfechtung

Jahreszeugnisse, die über die Versetzung in die nächst höhere Klasse sowie Abschlusszeugnisse, die über die Erlangung von Studien- und Ausbildungsplätzen entscheiden, greifen unmittelbar in grundgesetzlich geschützte Rechtspositionen der Betroffenen ein und werden daher als Verwaltungsakte angesehen.

Gegen diese kann zunächst Widerspruch und im Fall der Nichtabhilfe Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht werden.

Beispiel:

Ein Schüler der 7. Klasse hatte im Jahreszeugnis zweimal die Note mangelhaft. Da er diese nicht ausgleichen konnte, wurde ihm die Versetzung verweigert. Der Schüler klagte vor dem Verwaltungsgericht mit folgenden Argumenten:

  • Zumindest eine «Fünf» sei unberechtigt, da der Lehrer zu Unrecht seine schlechteren Leistungen im 2. Schulhalbjahr wesentlich stärker als die besseren Leistungen im 1. Halbjahr bewertet habe.
  • Außerdem habe er eine «Fünf» durch eine gute Bewertung in einem anderen Fach ausgeglichen.

Also müsse er ebenso behandelt werden wie andere Schüler, die nur eine Fünf hätten. Da diese versetzt worden seien, stelle seine Nichtversetzung einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar.

Nach welchen Kriterien überprüft das Gericht ein Schulzeugnis?

Die Gerichte haben den Grundsatz aufgestellt, dass die Benotung der Leistung eines Schülers eine subjektive, auf unterschiedlichen Komponenten beruhende Bewertung des Lehrers ist.

Der dem Lehrer zustehende individuelle Beurteilungsspielraum ist nur eingeschränkt justiziabel. Die Entscheidung über Versetzung und Nichtversetzung beinhaltet eine Prognose darüber, ob der Schüler die nächst höhere Klassenstufe wird erfolgreich durchlaufen können.

Überprüfbar sind hierbei folgende Faktoren:

  • Hat der Lehrer den der Benotung zugrunde liegenden Sachverhalt zutreffend und vollständig erfasst?
  • Hat er in die Benotung sachfremde Erwägungen einfließen lassen?
  • Lassen sich offensichtliche Einschätzungs- und Bewertungsfehler erkennen?
  • Wurde das Gleichbehandlungsgebot beachtet?
  • Ist das vorgeschriebene Verfahren beachtet worden?

Im Ausgangsfall war der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt, da die Versetzungsordnung für den Fall von zwei Bewertungen mit der Note «Mangelhaft» eine Versetzung nur bei Ausgleich beider «Mangelhaft» vorsah - und dies für alle Schüler gleichermaßen (VG Mainz, Beschluss v. 27.8.2010, 6 L 857/10). Die zweite "5" war zu beachten, denn es war dem Lehrer eine stärkere Berücksichtigung der durch den Schüler zuletzt gezeigten Leistungen im Rahmen seines Beurteilungsspielraums erlaubt.

 

Beispielefälle für Anfechtungsgründe

  • Hat der Lehrer statt der vorgeschriebenen 5 Klassenarbeiten nur 3 schreiben lassen,
  • hat er die mündliche Beteiligung des Schülers am Unterricht bei der Bewertung unberücksichtigt gelassen,
  • hat der Lehrer es unterlassen, die Eltern rechtzeitig auf einen erheblichen Leistungseinbruch des Schülers hinzuweisen,

dann kann die Bewertung rechtsfehlerhaft und die Verweigerung der Versetzung rechtswidrig sein (VG Braunschweig, Beschluss v. 10.8.2010, 6 B 149/10).