Rückforderung von Schenkungen an das unverheiratete Schwiegerkind
Hintergrund
Die Klägerin und ihr Ehemann sind die Eltern der ehemaligen Lebensgefährtin des Beklagten. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Tochter mit dem Beklagten begann 2002. Im Jahr 2011 kauften die Tochter der Klägerin und der Beklagte eine Immobilie zum gemeinsamen Wohnen. Die Klägerin und ihr Ehemann wandten ihnen zur Finanzierung Beträge von insgesamt 104.109,10 EUR zu. Im Jahr 2013 trennten sich die Tochter der Klägerin und der Beklagte. Die Klägerin klagte daraufhin – in allen Instanzen erfolgreich – gegen den Beklagten auf Rückzahlung der Hälfte der zugewandten Beträge.
Das Urteil des BGH vom 18. Juni 2019 (Az. X ZR 107/16)
Bislang liegt zwar lediglich die Pressemitteilung des BGH vor. Aus dieser geht jedoch klar hervor, dass der für das Schenkungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Wesentlichen die vorausgegangene Entscheidung des OLG Brandenburg gebilligt und deshalb die Revision des Beklagten zurückgewiesen hat.
Besonders wichtig für die Entscheidung des BGH war dabei, dass der Geldbetrag in der Erwartung zur Verfügung gestellt worden war, dass die Beziehung mit der Tochter der Klägerin dauerhaft Bestand haben werde. Der BGH sah darin – wie das OLG zuvor – die Geschäftsgrundlage für den zwischen den Parteien vorliegenden Schenkungsvertrag. Es sei nicht ersichtlich, warum der Beklagte sonst an dem Vermögen der Klägerin hätte beteiligt werden sollen, wenn nicht aufgrund des Umstandes, dass er weiterhin mit der Tochter der Klägerin zusammen bleibt.
Für diesen Fall erstreckte der X. Zivilsenat des BGH (Schenkungsrecht) nun – der Vorinstanz folgend – die bislang nur für Schenkungen an das verheiratete Schwiegerkind geltende Rechtsprechung des XII. Zivilsenates des BGH (Familienrecht), dass die Geschäftsgrundlage für eine solche Schenkung bei Trennung des Kindes von seinem Partner entfallen und der Schenkungsgegenstand zurückgefordert werden kann, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten am unveränderten Schenkungsvertrag nicht zugemutet werden kann, auf nicht eheliche Lebensgemeinschaften. Bei der dabei erforderlichen umfassenden Interessenabwägung sind insbesondere die Beziehungsdauer, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien, der Umfang der noch vorhandenen Vermögensmehrung sowie die Frage, inwieweit mit der Schenkung der verfolgte Zweck erreicht wurde, maßgeblich. In dem entschiedenen Einzelfall hielt der BGH ein Festhalten am Schenkungsvertrag nach diesen Kriterien für unzumutbar. In diesem Zusammenhang stellte der X. Zivilsenat außerdem fest, dass es keine anteilige Kürzung des Erstattungsbetrags nach der Rechtsprechung des XII. Zivilsenates je nach der Dauer des Zusammenlebens des Kindes mit seinem Partner (und der damit einhergehenden teilweisen Zweckerreichung) geben könne.
Der Praxishinweis: Offene Rechtslage – Geldschenkungen an Kinder und deren Partner ausreichend dokumentieren
Der Schenkungssenat des BGH hat den Grundsatz der Rückforderungsmöglichkeit von Geldzuwendungen an Schwiegerkinder nun auch auf nichteheliche Lebensgemeinschaften übertragen. Ob eine anteilige Kürzung des Rückforderungsanspruchs vorzunehmen ist, wird nun zwischen dem Schenkungssenat und dem Familiensenat unterschiedlich beurteilt. Sobald Eltern Geldschenkungen beispielsweise auf ein Gemeinschaftskonto ihres Kindes mit seiner/m Lebensgefährtin/en ausführen, und diese Geldschenkung für den Erwerb eines Familienheims dient, stellt sich nach einer späteren Trennung des Kindes die Frage, inwieweit diesem Schenkungsvertrag die wechselseitige Vorstellung der Beteiligten zugrunde lag, dass die Schenkung in Erwartung eines langfristigen Fortführens der Beziehung erfolgt ist. Die Darlegungs- und Beweislast für die Geschäftsgrundlage liegt grundsätzlich bei dann den klagenden Eltern. Um diese ganz erhebliche Darlegungs- und Beweisunsicherheit zu vermeiden, ist es empfehlenswert, Geld entweder ausschließlich an das eigene Kind zu schenken, also nicht auf ein Gemeinschaftskonto zu überweisen, und in jedem Fall die wechselseitigen Vorstellungen der Beteiligten zu Beweiszwecken gründlich zu dokumentieren. Im vom BGH entschiedenen Fall waren die Geschäftsgrundlage und deren Wegfall zur Überzeugung des Gerichts auf Grundlage des prozessualen Vortrags der Parteien dargelegt. Auf einen, wie in diesem Fall, für die Klägerin hilfreichen Prozessvortrag des Beklagten sollte man sich aber nicht verlassen.
Rechtsanwälte Dr. Matthias Jünemann und Dr. Raphael Klesen, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg
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