Versäumt der vermeintliche Vater es, gegenüber dem Kind innerhalb der zweijährigen Anfechtungsfrist seine Vaterschaft anzufechten, kommt ihn das teuer zu stehen. Es können dadurch die Ansprüche gegen den leiblichen Vater auf Erstattung des über Jahre zu Unrecht geleisteten Unterhalts (= Scheinvaterregress) ins Leere gehen.

Jahrelang unwissentlich Unterhalt für "fremdes" Kind bezahlt

Wer jahrelang unwissentlich Unterhalt für ein Kind zahlt, das nicht von ihm ist, will, unabhängig von anderen Verlusten und Enttäuschungen, zumeist zumindest das Geld zurück. Doch dazu muss er kühlen Kopf und den Kalender im Auge behalten. An den Ausgleich für den rechtlich zu Unrecht geleisteten Unterhalt kommt er u.U. sonst niemals mehr.

  • Der § 1600 d Abs. 4 BGB besagt, dass sie Rechtswirkungen der Vaterschaft, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können.
  • Diese Rechtsausübungssperre kann im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes in besonders gelagerten Einzelfällen auf die Weise durchbrochen werden, dass die Vaterschaft inzident (= nebenbei anfallend) festgestellt wird.
  • Hat der Scheinvater seine Vaterschaft aber nicht wirksam angefochten, kommt auch die inzidente Feststellung eines anderen Mannes als Vater nicht mehr in Betracht.

Komplexes Klagen: 2 Väter, eine Mutter und ein Kind

Mit 2 Vätern, einer Mutter und einem Kind sind Verfahren manchmal zu unübersichtlich, um einem Scheinvater mit Blick auf ein "Kuckuckskind" zu seinem Recht zu verhelfen. Wichtig ist es hierbei, die Klagen hinsichtlich der Vaterschaft rechtzeitig gegen den richtigen Adressaten zu richten.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall begehrte der Kläger vom Beklagten Ersatz für bisher geleisteten Kindesunterhalt: Kurz nach der Heirat gebar die Frau des Klägers im Jahr 1974 ein Kind, das in der Folgezeit in der Familie aufwuchs. Spätestens im September 2003 erfuhr der Kläger, dass es sich hierbei um das leibliche Kind eines anderen handelte.

 

Feststellungsklage wegen Vaterschaftsverdacht

Im selben Jahr erhob der nur vermeintliche Vater Klage, um feststellen zu lassen, dass der "echte" der Kindesvater sei. Das Amtsgericht gab der Klage in vollem Umfang statt, da die Vaterschaft nach Einholung eines Sachverständigengutachtens „praktisch erwiesen“ sei. Doch das sollte dem Scheinvater langfristig nicht wirklich weiterhelfen.

 

Statusverfahren erfolglos: Anfechtungsfrist versäumt

In einer nachfolgenden Personenstandssache wurde vor dem OLG München in 2006 entschieden, dass ein Eintrag eines entsprechenden Randvermerkes im Geburtenbuch unterbleibt, da der Streitgegenstand des Feststellungsurteils kein Statusverfahren betreffe.

 

Gegen den Falschen oder zu spät vorgegangen

Eine Klage auf Schadenersatz gegen die Mutter wurde im November 2006 rechtskräftig abgewiesen.

Dann Ebenfalls blieb ein - nun endlich - gegen den Sohn gerichtetes Statusverfahren drei Monate später wegen Versäumung der Anfechtungsfrist erfolglos.

 

Vaterschaft gilt für und gegen alle, auch gegen den Erzeuger, fort

Nach Ansicht des BGH steht dem Kläger entgegen dem Urteil des Berufungsgerichts unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Unterhaltsregress zu.

Die Statuswirkung der ehelichen Geburt konnte nicht rückwirkend aufgehoben werden, da das Feststellungsurteil (gegen den leiblichen Vater) nur zwischen den Parteien wirke.

 

Statusverfahren hätte sich gegen das Kind richten müssen: rechzeitig

Es hätte früher ein Statusverfahren gegen das Kind eingeleitet werden müssen, dieses wurde jedoch aufgrund Versäumung der zweijährigen Anfechtungsfrist rechtskräftig abgewiesen.

  • Zwar könne im Regressprozess gegen den mutmaßlichen Erzeuger in besonders gelagerten Einzelfällen die Vaterschaft inzident festgestellt werden.
  • Allerdings setzte diese Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB, wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft grundsätzlich erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung geltend gemacht werden können,
  • voraus, dass der Scheinvater seine Vaterschaft wirksam angefochten hat.

Nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 1600 b BGB komme auch eine inzidente Feststellung der Vaterschaft nicht mehr in Betracht.

 

Ebenfalls kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung

Auch aus bereicherungsrechtlichen Gründen konnte der Kläger keinen Ersatzanspruch begründen, da er die Unterhaltsleistungen nicht ohne Rechtsgrund, sondern auf der Grundlage der rechtmäßigen Vaterschaft erbracht hatte.

Aufgrund der Versäumung der Anfechtungsfrist bestehe die Vaterschaft fort. Allenfalls verbliebe dem Kläger ein Regressanspruch gegen seine früheren Anwälte, so der BGH.

(BGH, Urteil v. 11.01.2012, XII ZR 194/09)