Eine 56-Jährige heiratete einen unheilbar an Krebs erkrankten Mann, der 17 Tage nach der Eheschließung verstarb. Eine Witwenrente wurde verweigert, da nach Ansicht des Gerichts eine Versorgungsehe vorlag. Es konnte nicht die Vermutung widerlegt werden, dass die Heirat vor allem einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente bezweckte.

War der Tod vorhersehbar oder trat er plötzlich ein? Handelte es sich eventuell um eine Pflegeehe? Lag der überwiegende oder alleinige Zweck der Heirat darin, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen? Mit diesen pikanten und für die Betroffene schmerzlichen Fragestellungen musste sich das Hessische LSG befassen.

 

Rentenversicherung sieht Versorgungsehe

Eine 56-jährige Frau heiratete einen unheilbar an metastasiertem Kehlkopfkrebs erkrankten Mann. 17 Tage später verstarb der 58-Jährige an den Folgen seiner Krebserkrankung. Die Witwe beantragte die Gewährung von Witwenrente.

Die Rentenversicherung lehnte dies ab. Begründung: Es handele sich bei der Heirat um eine Versorgungsehe. Die arbeitslose Witwe hingegen vertrat die Ansicht, dass der Tod zum Zeitpunkt der Hochzeit nicht absehbar gewesen sei, und erhob Klage.

 

Kurze Ehe schließt Anspruch auf Witwenrenten in der Regel aus

Die Richter des Hessischen LSG gaben der Versicherung Recht. Der Gesetzgeber habe klar geregelt, dass kein Anspruch auf Witwen- bzw. Witwerrente besteht, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat (§ 46 Abs. 2a SGB VI).

 

Besondere Umstände müssen gegen Versorgungsehe sprechen

Anders sei dies nur, wenn besondere Umstände dagegen sprechen, dass die Heirat allein oder überwiegend einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung bezwecken soll (sogenannte Versorgungsehe).

Solche besonderen Umständen seien anzunehmen bei einem plötzlichen unvorhersehbaren Tod (z.B. in Folge eines Unfalls) oder wenn die tödlichen Folgen einer Krankheit bei Eheschließung nicht vorhersehbar gewesen seien.

 

Wunsch nach Lebensgemeinschaft auf Dauer  nicht relevant

Rechtlich unbeachtlich sei dagegen der Wunsch, eine Lebensgemeinschaft auf Dauer zu begründen.

 

Tödliche Folgen der Erkrankung waren bei Eheschließung vorhersehbar

Im konkreten Fall habe zum Zeitpunkt der Eheschließung keine Aussicht mehr auf Heilung bestanden. Die Witwe und ihr Ehemann seien von den Ärzten über den Krankheitsverlauf informiert worden und hätten von dem fortgeschrittenen Stadium der Tumorerkrankung gewusst.

Auch habe ihr Mann anlässlich des Heiratsantrages zu ihr gesagt, dass er ihr „auch einmal etwas Gutes tun wolle, da sie sich um ihn kümmere“. Damit sei die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegt. Die Revision wurde nicht zugelassen.

(Hessiches LSG, Urteil vom 16.11.2011, L 5 R 320/10)