Manch mühsam vor Gericht erkämpfter Unterhaltstitel ist schneller wieder „verspielt“ als der oder die Unterhaltsberechtigte denkt. Insbesondere bei Eingehung einer neuen Partnerschaft ist Vorsicht geboten. So kann das Zusammenziehen mit dem neuen Partner bereits nach relativ kurzer Beziehungsdauer zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruches führen.

Das OLG Frankfurt a.M. entschied in einem solchen Fall, dass der Ex-Mann keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet, da die Voraussetzungen einer verfestigten Lebensgemeinschaft bei seiner Ex-Frau vorlägen.

Verfestigte Lebensgemeinschaft schon nach 1 ½  Jahren?

Nach dem deutschen Unterhaltsrecht ist ein Unterhaltsanspruch zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre (§ 1579 BGB). Gemäß § 1579 Nr. 2 BGB hat der geschiedene Ehegatte keinen Anspruch auf Unterhalt mehr, wenn er in einerverfestigten Lebensgemeinschaft lebt.

Dem Gesetzeswortlaut lässt sich allerdings nicht entnehmen, ab welchem Zeitraum sich eine lose Beziehung zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft verfestigt hat. Die Beurteilung, ob sich eine verfestigte Lebensgemeinschaft vorliegt oder nicht,

hängt somit immer von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab.

Anhaltspunkte, die für eine Verfestigung der Lebensgemeinschaft i.S.d. § 1579 Nr. 2 BGB sprechen, sind z.B.

  • das Führen eines gemeinsamen Haushaltes über längere Zeit,
  • das (gemeinsame) Auftreten sowie das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit,
  • gemeinsame Investitionen in größere Vorhaben wie z.B. ein Haus,
  • die Dauer der neuen Partnerschaft.

Gemeinsame Wohnung angemietet = Beziehung verfestigt

 

Wie das Gericht klarstellt, kommt es aber auf die Dauer der neuen Beziehung

dann nicht entscheidend an, wenn die neuen Partner zusammenziehen. Mieten die neuen Partner, nachdem sie zunächst für eine kurze Zeit in die Wohnung eines Partners eingezogen waren, eine gemeinsame neue Wohnung an, deren Kosten sie gemeinsam tragen, so lässt sich daraus schließen, dass ihre Beziehung auch nach 1 ½ Jahren für die Zukunft und auf Dauer angelegt und damit bereits hinreichend verfestigt ist.

Grundsätzlich sei nach ständiger Rechtsprechung zwar grundsätzlich erst ab zwei bis drei Jahren von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen. Im Falle eines Zusammenzugs in einer gemeinsamen neuen Wohnung trete aber die Lebensgemeinschaft erheblich fester in Erscheinung, dass auch eine kurze Zeitspanne für die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs genüge. Entsprechendes würde  bei einem gemeinsamen Erwerb einer Immobilie gelten.

Hinweis:

Die Prüfung darf aber nicht schematisch erfolgen, da nach dem Gesetz eine bestimmte Mindestdauer gerade nicht das ausschlaggebende Kriterium für die Verfestigung der Lebensgemeinschaft ist.

Nach einer früheren Entscheidung des OLG Karlsruhe (Urteil vom 30.09.2008, 2 UF 21/08) setzt die Annahme einer solchen nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht einmal zwingend voraus, dass die neuen Partner räumlich zusammenleben und einen gemeinsamen Haushalt führen. Entscheidend für die Unzumutbarkeit einer fortdauernden uneingeschränkten Unterhaltszahlung sei vielmehr der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte mit seinem neuen Partner in einer verfestigten Beziehung lebt und sie ihre Lebensverhältnisse so aufeinander abgestellt haben, dass sie wechselseitig füreinander einstehen, indem sie sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewähren. Ausschlaggebend sei, dass es für den Unterhaltspflichtigen grob unbillig ist, den Unterhaltsberechtigten weiterhin unterhalten zu müssen, obwohl ein neuer Partner an seine Stelle getreten ist.

Praxistipp:

Unterhaltsverpflichtete sollten bei Kenntnis eines Zusammenzugs des unterhaltsberechtigten Ex-Partners in eine gemeinsame Wohnung mit dem neuen Partner unverzüglich die Abänderung des Unterhalts beantragen. Unterhaltsberechtigte sollten sich dagegen der Risiken des Zusammenzugs mit dem neuen Partner bewusst sein, da ein voreiliger Umzug zum sofortigen Wegfall der Unterhaltszahlungen führen kann.

(OLG Frankfurt, Beschluss vom 19.11.2010, 7 UF 91/09)