Erbverzicht der Eltern wirkt sich negativ auf deren Kinder aus

Wer auf sein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht  verzichtet, sollte sich das genau überlegen. Der Verzicht auf das Erbe gegen eine Schenkung schließt in der Regel auch die eigenen Kinder vom Erbe aus. Dies ergibt sich aus § 2352 BGB.

Der Verzicht auf einen per Testament zugewandten Erbteil führt dazu, dass auch die Kinder des Verzichtenden vom Erbe ausgeschlossen sind. Diese Regelung wurde mit Wirkung für Erbfälle seit dem 01.01.2010 in § 2352 BGB aufgenommen. In einem aktuellen Beschluss hat sich das OLG Hamm mit einer Fallkonstellation befasst, in der diese Neuregelung Konsequenzen hatte.

Vorsicht: Erbverzichtsvertrag!

Die Eltern einer Tochter und eines Sohnes hatten ein gemeinschaftliches Testament aufgesetzt. In dieser letztwilligen Verfügung mit Pflichtteilsstrafklausel war festgelegt worden, dass der jeweils überlebende Elternteil zum Vorerben und die Kinder zu gleichen Teilen zu Nacherben eingesetzt werden.

Tochter erklärt gegen Schenkungen einen Erbverzicht

Nach dem Tod des Vaters schloss die Mutter mit der Tochter einen notariellen Erbverzichtsvertrag. Darin übertrug die Tochter ihr Nacherbenrecht auf ihren Bruder und erklärte gleichzeitig den Verzicht auf ihr Erb- und Pflichtteilsrecht. Der Grund für diesen Verzicht waren Schenkungen der Mutter im Wert von 180.000 DM. 

Erbverzicht beißt sich mit neuem handschriftlichen Testament

Wenig später verstarb die Tochter, die zwei Kinder hinterließ. Die Großmutter setzte die beiden Kinder in einem handschriftlichen Testament aus dem Jahre 2013 zu Erben ein.

  • Als die Großmutter eine Zeit danach starb, stritten die Hinterbliebenen, die Kinder der Tochter und deren Onkel, um das Erbe.
  • Die Kinder waren der Auffassung, durch das handschriftliche Testament ihrer Oma Miterben geworden zu sein.
  • Deren Onkel war der Meinung, nach dem Verzicht seiner Schwester Alleinerbe geworden zu sein.

Die Gerichte gaben ihm Recht: Mit dem notariellen Verzichtsvertrag habe die Schwester bewirkt, dass auch ihre Kinder vom Verzicht betroffen sind, da eine anderweitige Regelung, die die Kinder vom Verzicht ausnimmt, dort nicht getroffen wurde.

Gemeinschaftlicher letzter Wille kann nicht einseitig abgeändert werden

Auch das handschriftliche Testament der Großmutter, mit dem sie ihre Enkel zeitlich nach dem Verzichtsvertrag zu Erben einsetzte, könne daran nichts ändern, urteilten die Richter. Dem steht die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments mit ihrem Ehemann entgegen, das deren Sohn und Tochter zu Alleinerben einsetzte und keine andere Auslegung zuließ. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf den Erbteil, der dem Sohn nach dem Verzicht seiner Schwester zugewachsen sei. 

(OLG Hamm, Beschluss vom 28.01.2015, 15 W 503/14).

Vgl. zum Erbrecht auch:

Zur Auslegung einer Abfindungsklausel

Unklares Testament

Nicht hinreichend bestimmte Testamente sind nichtig

Mündliche Erklärungen des Erblassers

 und

Das abgetauchte Testament

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Gegenseitige Erbeinsetzung mit Schlusserbeinsetzung