ARB § 3 Abs. 2 lit. G

Leitsatz

Die in einer Rechtsschutzversicherung enthaltene Ausschlussklausel für "Streitigkeiten aus Kapitalanlagegeschäften aller Art und deren Finanzierung" erfasst auch die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rückabwicklung einer fondsgebundenen Lebensversicherung nach Widerspruch gem. § 5a VVG a.F.

BGH, Urt. v. 10.4.2019 – IV ZR 59/18

Sachverhalt

Der Kl. nimmt seinen beklagten Rechtsschutzversicherer auf Gewährung von Rechtsschutz für eine Auseinandersetzung mit seinem Lebensversicherer um die Rückzahlung von Versicherungsprämien in Anspruch. Er unterhält bei der Bekl. seit dem 15.1.2016 eine Rechtsschutzversicherung, die einen Deckungsausschluss zugrunde legt. Darin heißt es unter anderem:

Streitigkeiten aus Kapitalanlagegeschäften aller Art und deren Finanzierung eintritt,

Der Kl. hatte mit Versicherungsbeginn 1.12.2004 eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen, für die er nachfolgend Prämienzahlungen i.H.v. 9.550,50 EUR leistete, ehe er mit anwaltlichem Schreiben vom 16.2.2016 den Widerspruch gem. § 5a VVG a.F. erklärte und von seinem Lebensversicherer die Erstattung der eingezahlten Prämien nebst Nutzungen begehrte. Mit Schreiben vom 3.3.2016 wies der Lebensversicherer den Widerspruch und das Zahlungsbegehren zurück. Der Kl. bat daraufhin die Bekl. um Deckungsschutz für die erstinstanzliche Geltendmachung des Anspruchs und die vorgerichtliche Auseinandersetzung.

2 Aus den Gründen:

"… [14] 1. Allerdings ist der Rechtsschutzfall – wie das BG zutreffend angenommen hat – erst in versicherter Zeit durch die Weigerung des Lebensversicherers eingetreten, das Widerspruchsrecht des Kl. anzuerkennen und ihm die verlangten Prämien nebst gezogener Nutzungen zu erstatten (vgl. Senat r+s 2013, 283, Rn 12 ff.). Der Deckungsanspruch des Kl. scheitert entgegen der Auffassung der Revision auch nicht daran, dass bereits die in vorvertraglicher Zeit im Jahr 2004 erteilte Widerspruchsbelehrung des Lebensversicherers den ihm angelasteten Verstoß "ausgelöst" habe und deshalb nach § 4 Abs. 4 lit. a) ARB kein Versicherungsschutz bestehe. Denn die Bekl. kann sich auf die so genannte Vorerstreckungsklausel in § 4 Abs. 4 lit. a) ARB nicht berufen, weil diese Klausel intransparent und mithin nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam ist, wie der Senat mit seinem nach Erlass der Berufungsentscheidung ergangenen Urt. v. 4.7.2018 (r+s 2018, 425), dem eine wortgleiche Klausel zugrunde lag, entschieden und im Einzelnen begründet hat."

[15] 2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das angefochtene Urteil sei in dem letztgenannten Punkt nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO) (…).

[16] 3. Entgegen der Ansicht des BG ist ein Anspruch des Kl. auf Deckungsschutz aber nach § 3 Abs. 2 lit. g) ARB ausgeschlossen. Dies ergibt die Auslegung der Klausel.

[17] a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind (vgl. Senat r+s 2018, 373).

[18] Dieser Grundsatz erfährt nur dann eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die AVB darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (Senat r+s 2017, 421).

[19] b) Wie das BG richtig gesehen hat, ist der Begriff "Kapitalanlagegeschäft" kein fest umrissener Begriff der Rechtssprache in diesem Sinn. Er verweist zwar auf rechtliche Kategorien; die Rechtssprache verbindet mit ihm aber keinen fest umrissenen, begrifflich festgelegten Inhalt (…).

[20] Eine abschließende, gewissermaßen allgemeingültige Bestimmung dessen, was ein "Kapitalanlagegeschäft" ausmacht, gibt es nicht. Schon der ihm innewohnende Begriff der "Kapitalanlage" ist in seinen rechtlichen Konturen nicht eindeutig festgelegt. Zwar verwenden ihn verschiedene gesetzliche Vorschriften allein oder als Bestandteil eines anderen Begriffs ("Kapitalanlagegesellschaft", "Kapitalanlagebetrug"), wie etwa § 341d HGB, § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 EStG, § 21 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 KStG, das Kapitalanlagegesetzbuch in seinem Titel, § 54b Abs. 1 Nr. 1 VAG in der bis zum 21.7.2013 geltenden Fassung und § 264a StGB in der amtlichen Überschrift. Er wird aber je nach dem besonderen Regelungsgegenstand des Gesetzes unterschiedlich verstanden. Weder existiert eine einheitliche gesetzliche Definition des...

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