§ 73 Abs. 6 SGG regelt den Nachweis der Prozessvollmacht. Nach Satz 5 der Vorschrift hat das Gericht den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn ein anderer als ein Rechtsanwalt als Bevollmächtigter auftritt. Diese Norm wurde durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes vom 12.12.2007 (BGBl I, S. 2840) zum 1.1.2008 eingeführt. Sie ist identisch mit § 88 Abs. 2 ZPO und § 67 Abs. 6 S. 3 VwGO.
Obwohl hiernach das Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Vollmachterteilung von Amts wegen zu überprüfen – erst auf ausdrückliche Rüge eines Beteiligten hin hat dies zu geschehen –, werden Anwälte in der sozialgerichtlichen Praxis oft gleichsam routinemäßig zur Vollmachtsvorlage aufgefordert. Diese Praxis steht jedoch mit dem Gesetz nicht im Einklang (s. bereits Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 73 Rn 68, LSG BW, v. 12.12.2008 – L 12 AS 4351/08, Rn 17 u. LSG NI-HB, v. 11.6.2012 – L 13 BK 7/11, Rn 22). Das BSG hat in drei Beschlüssen (v. 20.1.2016 – B 14 AS 180/15 B u. B 14 AS 188/15 B und v. 17.3.2016 – B 4 AS 684/15 B) Entscheidungen des LSG BE-BB aufgehoben, das in diesen Fällen ohne Rüge eines Beteiligten aufgrund eigener Ermittlungen von einer fehlenden Bevollmächtigung des Klägers ausgegangen war und die eingelegten Rechtsmittel als unzulässig verworfen hatte. Die hiergegen erhobenen Nichtzulassungsbeschwerden waren im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung erfolgreich. Unter Hinweis auf die BGH-Entscheidung vom 5.4.2001 (IX ZR 309/00) führt das BSG aus, die Prüfung der Vollmacht eines Rechtsanwalts ohne Rüge der Gegenseite sei nur dann mit § 73 Abs. 6 S. 5 SGG vereinbar, wenn das Verhalten des Rechtsanwalts ernstliche Zweifel daran aufkommen lasse, dass er über die notwendige Vollmacht verfüge. Im BGH-Fall hatte ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter selbst Zweifel an der Wirksamkeit seiner eigenen Bevollmächtigung. Ferner verweist das BSG auf das BVerwG-Urteil vom 27.6.2011 (8 A 1.10), in dem der Prozessbevollmächtigte den Kläger nicht ordnungsgemäß bezeichnen konnte. In den entschiedenen Fällen lagen jedoch, so das BSG, ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme ernstlicher Zweifel an der Bevollmächtigung nicht vor.
Hinweis:
Noch einschränkender hinsichtlich der Prüfung von Amts wegen urteilt das BAG: Im Beschluss vom 18.3.2015 (7 ABR 6/13) wird ausgeführt, die ordnungsgemäße Erteilung der Anwaltsvollmacht sei grundsätzlich nur auf Rüge eines Verfahrensbeteiligten zu prüfen. Ausführungen zu etwaigen Ausnahmen von diesem Grundsatz finden sich in der Entscheidung nicht.