Leitsatz (amtlich)

1. Zur Wirksamkeit eines nach vertraglichen vertragsstrafebewehrten Wettbewerbsverbots (in Form einer Kundenschutzklausel) des Geschäftsführers einer GmbH

2. Eine Kundenschutzklausel ist gegenständlich zu weit gefasst und damit unzulässig, wenn sie sich auch auf Kunden weiterer - auch konzernmäßig verbundener - Unternehmen bezieht, zu denen der ausscheidende Geschäftsführer keinen Kontakt hatte.

3. Die Vereinbarung einer ihrer Höhe nach unbegrenzten Vertragsstrafe, deren Höhe sich durch Anknüpfung an betriebswirtschaftliche Parameter eines Unternehmens (hier: in Büchern eines Unternehmens als "Rohertrag" eines abgeworbenen Kunden ausgewiesener Betrag) errechnet, führt wegen der Möglichkeit einer existenzgefährdenden Überforderung des Vertragspartners zur Sittenwidrigkeit der Vertragsstrafevereinbarung. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe mit erheblicher Mindesthöhe (hier: 100.000 EUR) kann wegen der Möglichkeit einer unverhältnismäßigen Benachteiligung des Vertragspartners in gleicher Weise zur Sittenwidrigkeit führen.

4. Die Möglichkeit, eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe - in den Grenzen des § 348 HGB - auf Antrag des Schuldners auf den angemessenen Betrag herabzusetzen (§ 343 BGB) setzt die Wirksamkeit des Vertragsstrafeversprechens voraus. Allein diese Möglichkeit führt nicht dazu, einer ihrer Höhe nach unbegrenzten Vertragsstrafe den deshalb bestehenden Makel der Sittenwidrigkeit zu nehmen.

5. Bei einer unverhältnismäßig hohen und deshalb sittenwidrigen Vertragsstrafe ist die Abgrenzung eines noch wirksamen Teils der Vertragsstrafenklausel nicht mehr möglich. Hier fehlt es an einer Teilbarkeit und demzufolge am Vorliegen eines nur teilweise nichtigen Rechtsgeschäfts. § 139 BGB ist deshalb nicht anwendbar.

 

Normenkette

BGB § 138 Abs. 1, §§ 139, 343

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 13.02.2009; Aktenzeichen 2 HK O 10211/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG Nümberg-Fürth vom 13.2.2009 - 2 HK O 10211/08, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfehren wird auf 100.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Klägerin begehrt vom Beklagten, ihrem ehemaligen Geschäftsführer, Zahlung einer Vertragsstrafe von 100.000 EUR wegen Verletzung einer vertraglich vereinbarten Kundenschutzklausel.

Die Klägerin, ein Mitglied der aus ca. 120 Unternehmen bestehenden B. Unternehmensgruppe, ist ein international tätiges Unternehmen im Bereich von Vertriebs- und Servicedienstleistungen, insbesondere der Dokumentation und Verwaltung von Kundenbeziehungen (sog. CRM[customer relationship management] - Dienstleistungen). Der Beklagte war im Zeitraum von 1.3.2006 bis 31.5.2008 einer der Geschäftsführer der Klägerin. Sein Anstellungsvertrag (Anlage K3) enthält u.a. folgende Bestimmungen:

"§ 5 Einwilligungsbedürftige Geschäfte und Wettbewerbsverbot

(3) Nach Beendigung dieses Ansteltungsverhättnisses ist es Herrn ... für einen Zeitraum von zwei Jahren - gerechnet vom Zeitpunkt seines Ausscheidens - verboten, Kunden direkt oder indirekt zu betreuen, die während der letzten neun Monate vor seinem Ausscheiden Kunden der Gesellschaft bzw. der anderen Gesellschaften der ... Gruppe in Deutschtand gewesen sind. Hierzu zählen u.a. die Firmen ... sondern auch künftige Tochtergesellschaften. Bei Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung hat Herr $BKF sine einmalige Vertragsstrafe an die Gesellschaft zu zahlen, und zwar in Höhe der Summe, die für den Zeitraum der letzten zwölf Monate vor seinem Ausscheiden in den Büchern der Gesellschaft als Bruttoertrag dieses Kunden für alle Leistungen der Gesellschaft ausgewiesen ist Die Vertragsstrafe beträgt jedoch mindestens 100.000 EUR (in Worten: Einhunderttausend EUR). Sonstige Ansprüche, insbesondere auf weitergehenden Schadensersatz und auf Untedassen, bleiben unberührt.

§ 9 Salvatorische Klausel

Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrags ganz oder teilweise rechtsunwirksam sein oder werden, so wird die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dadurch nicht berührt. In einem solchen Fall ist der Vertrag vielmehr seinem Sinn gemäß zur Durchführung zu bringen. Benjht die Ungültigkeit auf einer Leistungs- oder Zeitbestimmung, so tritt an ihre Stelle das gesetzlich zulässige Maß.

Der Aufhebungsvertrag der Parteien vom 23.4.2008 (Anlage K5) enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ ...

Die Regelung zum Kundenschutz i.S.d. § 5 (3) des Anstallungsvertrages bleibt bestehen.

§ 10

Sollte eine der Bestimmungen dieses Aufhebungsvertrages ganz oder teilweise rechtsunwirksam sein oder werden, so wird die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dadurch nicht berührt. In einem solchen Fall ist der Vertrag vi...

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