Leitsatz (amtlich)
Eine vor Abschluss eines notariellen Grundstücksübertragungsvertrages konkludente Widerkaufsabrede kann auch nach grundbuchlichem Vollzug des ohne diese Abrede abgeschlossenen notariellen Vertrages wegen dessen Zäsurwirkung in der Regel nicht geheilt werden (§311b Abs. 1 S. 2 BGB).
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 13.06.2019; Aktenzeichen 4 O 88/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13. Juni 2019 verkündete Urteil der
4. Zivilkammer des Landgerichts Halle abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Gründe
I. Die Beklagte ist Eigentümerin des im Grundbuch von T. des Amtsgerichts Eisleben, Blatt 2053, verzeichneten Grundstücks nebst aufstehendem Gebäude, einem Schloss. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückauflassung und die Zustimmung zur Wiedereintragung in das Grundbuch, gestützt auf die Behauptung einer konkludenten Rückübertragungsvereinbarung.
Voreigentümer dieses Schlossgrundstückes war der Kläger, welcher es durch notariellen Kaufvertrag vom 3. September 2010 erworben hatte. Der Kläger wurde am 23. Januar 2011 als Eigentümer in Abteilung I des Grundbuchs eingetragen.
Der Kläger ist Vater des Kindes C. F., geboren am 30. Januar 2012. Die Kindesmutter nahm den Kläger auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch. Er zahlt nunmehr den gesetzlichen Unterhalt.
Am 28. November 2013 schlossen die Parteien einen notariellen Kaufvertrag zur UR.Nr. 2088/2013 der Notarin E. in L. zum Kaufpreis von 60.000 EUR und gleichzeitiger Übernahme der Restforderung des Abwasserzweckverbandes i.H.v. 11.500 EUR. Zugleich erklärten sie die Auflassung. Hinsichtlich der Kaufpreiszahlung vereinbarten die Parteien unter Ziff. III.:
"Der Kaufpreis beträgt 60.000 EUR.
Neben dem Kaufpreis übernimmt der Käufer ab heute die Begleichung der noch offenen Restforderung des AZV i.H.v. 11.500 EUR.... Beim Kauf der Immobilie durch den heutigen Verkäufer wurde diesem durch die Mutter der Käuferin, Frau A. Sch. ... ein privates Darlehen i.H.v. 60.000 EUR gewährt, das nicht im Grundbuch durch Eintragung einer Grundschuld dinglich gesichert wurde.
Dieses Darlehen wird von der heutigen Käuferin übernommen und dadurch die Kaufpreisschuld getilgt.
Nach Angaben der Beteiligten ist das Darlehen i.H.v. 60.000 EUR valutiert.
...
Zu diesen Vereinbarungen ist jeweils die Zustimmung des Gläubigers und dessen Erklärung erforderlich, dass der Verkäufer für die vorgenannten Verbindlichkeiten nicht mehr haftet.
Bezüglich weiterer Nebenabreden vereinbarten die Parteien unter Ziff. XIII Nr. 5:
"Die Notarin hat die Beteiligten umfassend auf die rechtliche Tragweite hingewiesen, insbesondere auch darauf, dass...
5. diese Urkunde alle Vereinbarungen der Vertragsteile, insbesondere auch über den Kaufpreis richtig und vollständig enthalten muss und anderenfalls nichtig sein kann; hierzu versichern die Vertragspartner, dass keine Nebenabreden bestehen, ohne die dieser Vertrag nicht abgeschlossen würde."
Wegen der weiteren Einzelheiten des notariellen Kaufvertrages wird auf Anl. K2, Bl. 10-18 Bd. 1 d.A. Bezug genommen.
Die Beklagte wurde am 3. Januar 2014 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Der Kläger betreibt über die Schloss T. GmbH in dem Schloss ein Schlosscafé sowie eine Tagespflege, die M. UG . Die Beklagte bewohnte in dem Schloss eine Wohnung und erledigte auch geschäftliche Fragen des Klägers, wobei der genaue Umfang streitig ist.
Die Beklagte leistete keine Zahlungen auf das Darlehen ihrer Mutter, E. D., der Großmutter des Klägers. Am 7. Oktober 2017 teilte E. D. der Beklagten schriftlich mit, dass mit dem Kauf des verfahrensgegenständlichen Grundstückes das finanzielle Erbe der Beklagten "eingeflossen" sei; sie befreie die Beklagte von der gesamten Summe des notariell geschlossenen Darlehensvertrages mit sofortiger Wirkung (Anl. B 1, Bl. 65 Bd. 1 d.A.).
Ab dem Jahr 2017 begehrte der Kläger von der Beklagten die Rückübertragung des Grundstückes. Er bot der Beklagten mit Schreiben vom 21. Februar 2018 die Rückübertragung des Grundstückes gegen Zahlung von 200.000 EUR bei Gesamtauseinandersetzung zwischen den Parteien an (Anl. B 2, Bl. 66 Bd. 1 d.A.). Die Beklagte lehnte das Angebot ab.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 14. März 2018 setzte der Kläger der Beklagten eine Frist bis zum 22. März 2018 zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen (Anl. K 4, Bl. 20 Bd. I d.A.).
Nach fruchtlosem Fristablauf trat der Kläger am 22. März 2018 vom Kaufvertrag zurück. Im selben Schreiben focht er den Kaufvertrag aus allen in Frage kommenden Rechtsgründen an (Anl. K5, Bl. 24 Bd. 1 d.A.). Zur Begründung ist ausgeführt, die Beklagte habe ihre Hauptleistungspflichten aus dem Kaufvertrag nicht erfüllt, insbesondere die Zahlung des Kaufpreises durch Rückführung des Darlehe...