Leitsatz (amtlich)

1. Das Verunstaltungsverbot des § 9 BauO LSA ist keine drittschützende Vorschrift, deren Verletzung einen Beseitigungsanspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB begründen könnte.

2. Das Gebot des § 23 NbG LSA, wonach eine Einfriedung an der Grenze ortsüblich zu sein hat, gilt nicht für jegliche Einfriedungen, sondern nur für solche, die auf Verlangen des Nachbarn und infolge einer Einfriedungspflicht nach § 22 Abs. 1 NbG LSA errichtet werden, weil sie zum Schutz des Grundstücks des Nachbarn vor nicht unwesentlichen Beeinträchtigungen erforderlich sind, die von dem Grundstück des Einfriedigungspflichtigen ausgehen.

3. Einem Beseitigungsanspruch nach §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB wegen behaupteter Verletzung der Anforderungen an die maximale Länge von Bauwerken an der Grenze (§ 6 Abs. IX BauO LSA) steht eine erteilte Baugenehmigung entgegen, auch wenn über diese noch ein Verwaltungsrechtsstreit schwebt, soweit nicht festgestellt werden kann, dass bei der Bauausführung wesentlich von der Baugenehmigung abgewichen worden ist.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 29.10.2014; Aktenzeichen 6 O 332/13)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 29.10.2014 verkündete Einzelrichterurteil der 6. Zivilkammer des LG Halle wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 7.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kläger verlangen von den Beklagten die Beseitigung einer Mauer und eines Nebengebäudes auf dem Nachbargrundstück.

Sie sind Eigentümer des Grundstücks S. Weg 1 in B.. Die Beklagten sind Eigentümer des benachbarten Grundstücks S. Weg 9. Diese errichteten an der Grundstücksgrenze eine massive, 2 m hohe Mauer aus Betonsteinen sowie zwei Nebengebäude von bis zu 3 m Höhe, die in die Mauer eingebunden sind. Für diese beiden Nebengebäude besteht jeweils - zum Teil mittlerweile modifiziert durch Änderungsbescheid - eine Baugenehmigung der Landkreises S. Kreis. Gegen beide Baugenehmigungen haben die Kläger Widerspruch erhoben. In beiden Widerspruchsverfahren steht eine Entscheidung des Landesverwaltungsamtes noch aus. Hinsichtlich der Historie der Baugenehmigung des Nebengebäudes "Schuppen/Geräteraum" wird auf das Schreiben des Landkreises S. Kreis vom 9.7.2013 an das Landesverwaltungsamt (Anlage B 1, Bd. II, Bl. 12c ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Kläger haben behauptet, dass die von den Beklagten errichtete Mauer nicht ortsüblich sei. Diese verstoße daher gegen § 23 Satz 1 NbG LSA, weil in einem derartigen Fall nur ein bis zu 2 m hoher Zaun errichtet werden dürfe. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen das Verunstaltungsverbot nach § 9 BauO LSA vor.

Ferner haben die Kläger behauptet, dass die beiden Nebengebäude unter Verstoß gegen § 6 Abs. 9 BauO LSA errichtet worden seien, da diese mit 17,80 m die zulässige Länge von 15 m überschritten. Die Beklagten hätten, um die Vorschrift des § 6 Abs. 9 Nr. 1 BauO LSA zu umgehen, ihr Grundstück geteilt und zwei Grundstücke gebildet. Dies sei aber nach § 7 BauO LSA unzulässig. Die Kläger haben gemeint, dass die Baugenehmigungen damit rechtswidrig seien.

Die Kläger haben ein Schiedsverfahren bei der Schiedsstelle Merseburg durchgeführt. Diese hat am 27.11.2013 das Scheitern festgestellt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K 7 (Bd. I, Bl. 51 d.A.) verwiesen. Nachdem die Kläger ursprünglich Unterlassung beantragt hatten, an der Grundstücksgrenze zwischen ihren Grundstücken Nebengebäude auf einer Länge von mehr als 9 m zu errichten, haben sie zuletzt beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, die an der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken in B., S. Weg 1 und S. Weg 9 errichtete Mauer zu beseitigen;

2. die Beklagten zu verurteilen, eines der beiden Nebengebäude nach ihrer Wahl an der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken der Kläger, B., S. Weg 1 und ihrem Grundstück, B., S. Weg 9, zu beseitigen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, dass die von ihnen errichtete Mauer ortsüblich sei und daher keiner Genehmigung bedurft habe. Auch die Nebengebäude seien ordnungsgemäß errichtet worden. Diese stünden auf zwei selbstständigen Grundstücken. Die Beklagten haben dazu vorgetragen, dass die Flurstücke 15 und 16 ursprünglich ein Grundstück gebildet hätten. Das Flurstück 14 sei dann später dazugenommen worden. Ein Nebengebäude

stehe auf den zusammengelegten Flurstücken 15, 16 und 14. Das andere Nebengebäude stehe auf dem Flurstück 224. Die Baugenehmigungen seien daher zu Recht erteilt worden, weil die erlaubte Bebauungslänge von 15 m eingehalten worden sei.

Das LG hat Beweis erhoben durch die Einnahme des richterlichen Augenscheins der streitgegenständlichen Grundstücke. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das Protokoll vom 5.9.2014 verwiesen (Bd. I, Bl. 166 ff. d.A.). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts der ersten Instanz wird auf den Tatbe...

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