Leitsatz (amtlich)

1. Ein Schaden i.S.v. § 107 Abs. 2 GWB droht einem Antragsteller durch die behauptete Rechtsverletzung nicht, wenn er bei objektiver Betrachtung keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages hat, weil sein Angebot aus anderen Gründen hätte ausgeschlossen werden müssen.

2. Fordert ein Auftraggeber die Abgabe der Erklärungen nach EFB Preis 1a, 1b, 2 innerhalb der Angebotsfrist, so ist ein Angebot zwingend auszuschließen, welches die unausgefüllten Formulare mit dem Aufdruck "Wird bei Auftragserteilung nachgereicht" enthält.

3. Allein der Umstand, dass sämtliche innerhalb der Angebotsfrist eingereichte Angebote mangelbehaftet sind, begründet noch keine Pflicht zur Aufhebung nach § 26 Nr. 1 lit. a) VOB/A im Sinne einer "Ermessensreduzierung auf Null".

4. Der rechtmäßige Ausschluss seines Angebots nimmt einem Bieter ohne Rücksicht auf die Wertungsfähigkeit der Angebote anderer Bieter den Anspruch auf Gleichbehandlung nach § 97 Abs. 2 GWB.

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Halle (Beschluss vom 28.09.2005; Aktenzeichen VK 2 LVwA LSA-31/05)

 

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde vom 13.10.2005 (Eingang 14.10.2005) gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Halle vom 28.9.2005 - VK 2 LVwA LSA-31/05, bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens nach § 118 GWB hat die Antragstellerin zu tragen, die auch die Auslagen der Beigeladenen zu erstatten hat.

Der Streitwert für die Gebührenberechnung im Beschwerdeverfahren wird auf 302.565,87 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Am 14.5.2004 hat die Vergabestelle die Planung und Ausführung der Baumaßnahme: Industrie- und Landschaftspark G., Sanierung der Altablagerung "Großes Bitumenbecken" (Maßnahmekomplex 1.1.9) im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ausgeschrieben. Als Vergabeverfahren hat sie das Nicht offene Verfahren nach VOB/A gewählt. Schlusstermin für den Eingang der Teilnahmeanträge war der 2.7.2004. Nachdem 18 Unternehmen Teilnahmeanträge abgegeben hatten, wählte die Vergabestelle sieben Unternehmen aus, die sie zur Angebotsabgabe aufforderte, darunter auch die Antragstellerin und die Beigeladene.

Unter Punkt 3.2 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (Formblatt EVM (B) A EG-211 EG) hatte die Vergabestelle von den Teilnehmern verlangt, mit dem Angebot folgende Erklärungen bzw. Unterlagen vorzulegen: Konzept zur Projektbearbeitung, Zeitplan (Meilensteine Sanierung), Entwurf Arbeits- und Sicherheitsplan, Annahmeerklärung der vorgesehenen Entsorgungsanlage.

Darüber hinaus hatte das Angebot u.a. folgende weitere Vertragsbestandteile zu umfassen, die mit dem Angebot abzugeben waren:

  • Besondere Vertragsbedingungen - EVM (B) BVB
  • Zusätzliche Vertragsbedingungen - EVM (B) ZVB/E
  • Abfall (Ergänzung der BVB) - EVM Erg Abf (...)

Nach Punkt 1.3 des Angebotsschreibens hatten die Bieter folgende Formblätter auszufüllen und dem Angebot als Anlage beizufügen:

  • Angaben zur Preisermittlung - EFB Preis 1a, b (zutreffendes auswählen)
  • Aufgliederung wichtiger Einheitspreise - EFB Preis 2.

Erläuternd wurde dazu im Punkt 5 der Bewerbungsbedingungen (EVM (B) BwB/E) folgendes ausgeführt:

"Wenn den Verdingungsunterlagen Formblätter zur Preisaufgliederung beigefügt sind, hat der Bieter die seiner Kalkulationsmethode entsprechenden Formblätter ausgefüllt mit seinem Angebot abzugeben ..."

Auch unter Punkt 2.3 der Ergänzenden Bewerbungsbedingungen hatte die Vergabestelle verlangt, dass die genannten Unterlagen mit dem Angebot vorgelegt werden.

Bis zum Ablauf der Angebotsfrist haben die sieben Unternehmen insgesamt 12 Angebote, davon 5 Nebenangebote bei der Vergabestelle eingereicht, darunter auch die Antragstellerin mit einem Haupt- und zwei Nebenangeboten und die Beigeladene mit einem Hauptangebot. Den Angebotsunterlagen der Antragstellerin lagen die Formblätter EFB Preis 1a, 1b und 2 unausgefüllt bei. Sie waren mit dem Stempelaufdruck "WIRD BEI AUFTRAGSERTEILUNG NACHGEREICHT" versehen worden.

Auch dem Angebot der Beigeladenen waren nicht alle Unterlagen beigefügt worden. Es fehlten die Besonderen und Zusätzlichen Vertragsbedingungen sowie die Ergänzung der Besonderen Vertragsbedingungen hinsichtlich der Vermeidung, Wiederverwendung, Wiederverwertung und Beseitigung von Abfällen (EVM Erg Abf). Auch die übrigen Bieter hatten mit ihren Angeboten nicht alle von der Vergabestelle geforderten Erklärungen bzw. Nachweise abgegeben. Die Vergabestelle schloss jedoch kein Angebot als unvollständig aus, sondern forderte die Bieter mit Schreiben vom 12.1.2005 auf, die jeweils fehlenden Unterlagen nachzureichen.

Nach Wertung der Angebote beabsichtigt die Vergabestelle, dem Angebot der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen, und informierte die Antragstellerin mit Schreiben vom 12.8.2005 gem. § 13 VgV darüber, dass sie ihr den Zuschlag nicht erteilen werde.

Daraufhin rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.8.2005 die nach ihrer Ansicht fehlerhafte Wertung sowohl ...

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