Leitsatz (amtlich)

Ein noch nicht rechtskräftiges Unterhaltsurteil in der Hauptsache stellt keine „anderweitige Regelung” im Sinne § 620f Abs. 1 Satz 1 ZPO gegenüber einer einstweiligen Anordnung nach § 620 Ziff. 6 ZPO dar.

 

Normenkette

ZPO § 620 Nr. 6, § 620b Abs. 1, § 620f

 

Verfahrensgang

AG Brühl (Aktenzeichen 32 F 534/99)

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten vom 22.3.2002 (Bl. 92 GA) auf Abänderung der einstweiligen Anordnung des AG Brühl v. 2.3.2000 – 32 F 534/99 EA UE – wird zurückgewiesen.

Auf den Antrag des Beklagten vom 22.3.2002 auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung (Bl. 92 GA) wird die Zwangsvollstreckung aus der vorgenannten einstweiligen Anordnung des FamG Brühl gegen Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt, soweit die Klägerin daraus wegen eines über 409,50 EUR hinausgehenden Monatsbetrages vollstreckt.

Die Höhe der Sicherheitsleistung beträgt 125 % des jeweils über den Monatsbetrag von 409,50 EUR hinausgehenden zu vollstreckenden Betrages.

 

Gründe

Der gemäß § 620b) Abs. 1 ZPO zulässige Antrag des Beklagten auf Abänderung der im Beschlusstenor näher bezeichneten einstweiligen Anordnung ist unbegründet, da die Voraussetzungen des § 620f Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht vorliegen und auch sonstige Abänderungsgründe nicht ausreichend dargetan sind.

Nach § 620f Abs. 1 Satz 1 ZPO tritt eine einstweilige Anordnung u.a. beim Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung mit der Folge außer Kraft, dass sie entweder ganz aufzuheben oder in Ansehung der anderweitigen Regelung entsprechend abzuändern ist. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist aber das Urteil des AG – FamG – Brühl vom 6.2.2002 – 32 F 534/99 – (Bl. 374 bis 380 GA 4 UF 40/02), mit welchem der Beklagte für die Zeit ab 1.1.2002 lediglich zur Zahlung von monatlichem Trennungsunterhalt i.H.v. 409,50 EUR verurteilt worden ist, keine „anderweitige Regelung” i.S.v. § 620f ZPO gegenüber der hier angegriffenen einstweiligen Anordnung vom 2.3.2000 des FamG Brühl – 32 F 534/99 EA UE –, mit welcher der Beklagte einstweilen verpflichtet worden ist, an die Klägerin ab dem 1.2.2000 einen monatlichen Unterhalt von 1.006 DM (entsprechend 514,36 EUR) zu zahlen.

Das Unterhaltsurteil in der Hauptsache ist nämlich noch nicht rechtskräftig. Beide Parteien haben hiergegen Berufung eingelegt.

Ob ein noch nicht rechtskräftiges Unterhaltsurteil in der Hauptsache eine „anderweitige Regelung” gegenüber einer einstweiligen Anordnung nach § 620 Ziffer 6 ZPO darstellt, ist umstritten. Aus dem Wortlaut des § 620f ZPO geht nicht hervor, wann Unterhaltsurteile wirksam werden. Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes (so BGH v. 27.10.1999 – XII ZR 239/97, MDR 2000, 336 = FamRZ 2000, 751) werden Urteile, durch die eine Partei vorläufig vollstreckbar zur Unterhaltszahlung verurteilt wird, erst mit Eintritt der Rechtskraft wirksam. Nach anderer Meinung sollen solche Urteile wirksam werden, wenn sie ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar sind und die Vollstreckung nicht nach § 711 abgewendet werden darf (vgl. u.a. Gießler, Vorläufiger Rechtsschutz in Ehe- Familien- und Kindschaftssachen, 3. Aufl., 2000, Rz. 607 sowie u.a. OLG Stuttgart v. 30.6.2000 – 16 WF 258/00, FamRZ 2001, 359). Das OLG Düsseldorf (so OLG Düsseldorf v. 24.1.1996 – 3 WF 190/95, FamRZ 1996, 745 m.w.N.) unterscheidet außerdem dahin, dass, soweit ein vorläufig vollstreckbares Urteil einem Ehegatten weniger Unterhalt zuspricht, als eine vorausgegangene einstweilige Anordnung, diese sogleich außer Kraft tritt; soweit es gleichhohen oder höheren Unterhalt zuspreche, bleibe die Anordnung bestehen, wenn das Urteil nur mit Einschränkungen vorläufig vollstreckbar sei. Die OLG Hamm (so OLG Hamm v. 13.4.1984 – 6 WF 201/84, MDR 1984, 764 = FamRZ 1984, 718) und Zweibrücken (so FamRZ 2001, 259) behandeln vorläufig vollstreckbare Urteil schlechthin als wirksam.

Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass sämtliche Urteile in Unterhaltssachen erst mit Eintritt der Rechtskraft wirksam werden (vgl. u.a. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 620f Rz. 22). Hierfür spricht der Sinn des § 620f ZPO. Einstweilige Anordnungen sollen die Rechtskraft der Scheidung überdauern. Es soll verhindert werden, dass ein regelungsloser Zustand zwischen einstweiliger und endgültiger Lösung eintritt. Wird die einstweilige Anordnung durch ein nur vorläufig vollstreckbares Urteil ersetzt, wird lediglich ein Provisorium durch ein anderes ausgetauscht. Denn ein Urteil, das nur vorläufig vollstreckbar, aber noch nicht rechtskräftig ist, stellt keine endgültige Lösung i.S.d. § 620f ZPO dar. Die Ersetzung der einstweiligen Anordnung durch die Regelung im nur vorläufig vollstreckbaren Urteil würde aber gerade den zu vermeidenden regelungslosen Zustand zwischen einstweiliger und endgültiger Lösung herbeiführen, wenn das Rechtsmittelgericht das vorläufig vollstreckbare Urteil der Vorinstanz aufhebt und die Sache an die Vorinstanz zurückverweist. Ein solcher regelungsloser Zustand würde auch dann eintreten, wenn während des in der Berufungsinstanz...

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