Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 06.09.2019; Aktenzeichen 4 O 289/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 06.09.2019, Az. 4 O 289/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an die Klägerin 48.785,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.01.2019 Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs ... [C] ... 3.0 TDI, FIN: ...19 zu zahlen.
2. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an die Klägerin weitere 2.056,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.01.2019 zu zahlen.
3. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.822,96 EUR freizustellen.
4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1. mit der Rücknahme des Pkws der Klägerin, ... [C] ... 3.0 TDI, FIN: ...19 in Annahmeverzug befindet.
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, an die Klägerin Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus der Ausstattung des Fahrzeugs ... [C] ... 3.0 TDI, FIN: ...19 mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung resultieren.
6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 60 % und die Beklagte zu 1. zu 40 % mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2., die die Klägerin trägt.
IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Der Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem sogenannten Diesel-Abgasskandal aufgrund des Kaufs eines Gebrauchtwagenfahrzeugs in Anspruch. Die Beklagte zu 1. ist die Herstellerin und die Beklagte zu 2. die Verkäuferin des streitgegenständlichen Fahrzeugs.
Die Klägerin kaufte am 22.04.2016 von der Beklagten zu 2., die ein Autohaus betreibt, einen Geländewagen ... [C] ... 3.0 TDI plus, FIN: ...19 zum Preis von 66.000 EUR mit einem Kilometerstand bei Übergabe von 9.900 km. Das Fahrzeug ist mit einem Sechszylinderturbodieselmotor mit einer Leistung von 340 PS ausgestattet und verfügt über eine wirksame EG-Typgenehmigung für die Emissionsklasse EU6 plus. Das Fahrzeug wurde an die Klägerin am 11.07.2016 ausgeliefert.
Die Klägerin finanzierte den Kaufpreis in Höhe von 52.000 EUR über ein Darlehen bei der ...[A] Bank GmbH vom 22.04.2016 (Vertrags-Nr. ...15), das sie zwischenzeitlich zurückgezahlt hat.
Am 02.02.2017 schloss die Klägerin eine Neuwagengarantie für den streitgegenständlichen Pkw in Höhe von 1.293 EUR ab. Versicherer ist die ...[B] Versicherung Service GmbH.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19.06.2018 forderte die Klägerin beide Beklagten unter Fristsetzung bis zum 11.07.2018 auf, ihr den Kaufpreis abzüglich gezogener Nutzungen Zug um Zug gegen Abtretung ihre Ansprüche aus dem mit der ...[A] Bank GmbH abgeschlossenen Sicherungsvertrag zurückzuzahlen. Gegenüber der Beklagten zu 2. erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag und dessen Anfechtung.
Mit Schreiben vom Juli 2019 (Bl. 263 f. LG-GA) teilte die Beklagte zu 1. der Klägerin mit, dass aufgrund eines angeordneten Rückrufs des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) ein Software-Update am Motorsteuergerät des streitgegenständlichen Fahrzeugs vorgenommen werden müsse, da Unregelmäßigkeiten in der Motorsteuerungssoftware im Hinblick auf die Funktionsweise des Emissionsminderungssystems festgestellt worden seien. Auf die Nutzbarkeit oder die Sicherheit des Fahrzeugs habe dies keinen Einfluss. Nach Vornahme des Software-Updates würden alle im Hinblick auf Schadstoffemissionen geltenden Grenzwerte sowie die Emissionsgrenzwerte nach der Euro-6-Abgasnorm eingehalten werden. Bei Nichtteilnahme an der Rückrufaktion könne eine Betriebsuntersagung gemäß § 5 FZV drohen.
Das KBA gab das Software-Update der Beklagten zu 1. für die Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs mit Bestätigung vom 26.11.2018 frei und bestätigte, dass die technische Maßnahme keinen Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch, die Co2-Emissionswerte, die Motorleistung, das maximale Drehmoment, Geräuscheemissionen sowie die Dauerhaltbarkeit der emissionsmindernden Einrichtungen hat.
Mit Schreiben vom 22.04.2020 (Anlage BB 6) informierte das KBA die Klägerin, dass ihr Fahrzeug von einer Rückrufaktion betroffen sei, da in der Motorsteuergerät-Software eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert sei, die zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs entfernt werden müsse. Das KBA wies auf die Möglichkeit der Untersagung des we...