Normenkette

ZPO §§ 145, 301; BGB § 843

 

Verfahrensgang

LG Baden-Baden (Urteil vom 25.06.2013; Aktenzeichen 3 O 249/12)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Baden-Baden vom 25.6.2013 - 3 O 249/12 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.591 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 4.5.2010 sowie vorgerichtliche Mahnkosten i.H.v. 230,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 15.7.2010 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 55 % und der Beklagte 45 %.

IV. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt vom Beklagten wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers behinderungsbedingten Betreuungsmehraufwand für das Jahr 2009. Der Kläger hat zunächst gemäß Schriftsatz vom 18.8.2011 (I 239-251) auch den Mehraufwand sowie geburtsschadensbedingten Verdienstausfall für das Jahr 2010 sowie gemäß Schriftsatz vom 23.5.2012 (I 453-455) Anwaltskosten im Zusammenhang mit seiner Unterbringung in einer Behinderteneinrichtung für das Jahr 2011 klageweise geltend gemacht. Das LG hat gemäß Beschluss vom 28.5.2013 (I 593) das Verfahren insoweit abgetrennt und mit Urteil vom 25.6.2013 (I 599-629) über die hinsichtlich des Jahres 2009 geltend gemachten Ansprüche entschieden.

Das LG, auf dessen Urteil wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug einschließlich der dort gestellten Anträge sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat nach der Abtrennung der Klage stattgegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen Antrag auf Klageabweisung weiter verfolgt. Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt Zurückweisung der Berufung. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, wegen der Antragstellung auf die Sitzungsniederschrift vom 6.8.2014 (II 67).

II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg.

Dem Kläger steht gem. §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2, 843 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz betreuungsbedingten Mehraufwands und Eigenanteilen i.H.v. noch 8.591 EUR für das Jahr 2009 zu.

1. Dem LG sind keine eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigenden Verfahrensfehler unterlaufen.

a) Es liegt kein unzulässiges Teilurteil vor, das auch ohne Rüge in der Berufung und ohne entsprechenden Parteiantrag gem. §§ 301, 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO regelmäßig die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Ausgangsgericht nach sich zöge.

aa) Allerdings soll nach Auffassung des OLG Hamm (NJW 2012, 1743 ff., juris Tz. 137 ff.; so offenbar auch: LAG Hamm LAGReport 2005, 219 ff., juris Tz. 58 f.), wenn zwischen dem abgetrennten und dem durch Endurteil entschiedenen Teil die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht, jedenfalls dann, wenn das Prozedere der Abtrennung gem. § 145 ZPO vom Gericht aus prozesstaktischen Gründen bewusst gewählt wurde, um den Erlass eines der Aufhebung nach 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO unterliegenden unzulässigen Teilurteils zu vermeiden, ein derartiges (verdecktes) Teilurteil vorliegen.

Hier war sich das LG ausweislich des Hinweises vom 11.12.2012 (Sitzungsniederschrift S. 2, I 531) bewusst, dass ohne eine Abtrennung die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen bestehen konnte. Eine solche Gefahr hätte ohne die Abtrennung im Instanzenzug - jedenfalls hinsichtlich des für die Jahre 2009 und 2010 geltend gemachten behinderungsbedingten Betreuungsmehraufwandes - auch tatsächlich bestanden, denn es kommt für die durch eine Teilentscheidung getrennten Zeiträume jedenfalls zum Teil auf dieselben Vorfragen an (vgl. Musielak, ZPO, 11. Aufl., § 301 Rz. 3b/c; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 301 Rz. 7 m.w.N.).

bb) Das OLG Hamm berücksichtigt indes nicht hinreichend, dass es sich nicht um ein Teilurteil handelt und die Grenze für die Erheblichkeit drohender Widersprüchlichkeit der Streitgegenstand des konkreten Verfahrens bildet (kritisch auch: Toissaint, FD-ZVR 2012, 334281). Besteht die Widerspruchsgefahr zu einem nicht geltend gemachten, vom Streitgegenstand nicht mit umfassten prozessualen Anspruch, liegt eine Teilentscheidung überhaupt nicht vor (BGH NJW-RR 2012, 849 ff., Tz. 15 ff., juris). Dasselbe trifft auf eine Entscheidung nach Trennung des Rechtsstreits in mehrere Teile gem. § 145 ZPO zu (Zöller/Vollkommer, a.a.O.). Denn die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen steht der Trennung nicht entgegen. Die Zulässigkeit der Prozesstrennung bei Anspruchshäufung begegnet nicht den gleichen Einschränkungen, wie sie gegen die Zulässigkeit eines Teilurteils nach § 301 ZPO in einem solchen Fall angenommen werden (BGH NJW ...

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