Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung einer deutschen Vollstreckungsklausel
Verfahrensgang
LG Offenburg (Beschluss vom 11.04.2001; Aktenzeichen 2 O 92/01) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Schuldners gegen den klauselerteilenden Beschluss des Vorsitzenden der 2. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 11.04.2001 – 2 O 92/01 – wird zurückgewiesen.
2. Der Schuldner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Gebührenstreitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf DM 89.800,– festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Gläubigerin erstrebt die Anordnung, an die Entscheidung des High Court of Justice, Family Division, vom 09.01.2001 – No. BT 99 D 00710 – die deutsche Vollstreckungsklausel anzubringen. In dieser Entscheidung wird der Schuldner, der geschiedene Ehemann der Gläubigerin, verurteilt, an die Gläubigerin für sechs Jahre jeweils englische POUND 25.000,– pauschalierten Unterhalt zu zahlen, für das Kind … zu Händen der Gläubigerin jährlich englische POUND 3.500,–, ferner englische POUND 4.710,– Prozesskosten zu erstatten. Der Vorsitzende Richter der 2. Zivilkammer des LG Offenburg hat mit Beschluss vom 11.04.2001 – 2 O 92/01 – die Klauselerteilung angeordnet. Gegen diesen Beschluss, der am 19.04.2001 zugestellt worden ist (S. 57 d.A.), hat der Schuldner am 07.05.2001 Beschwerde eingelegt (S. 77 d.A.).
Der Schuldner trägt im wesentlichen vor, die Entscheidung des High Court verletze den deutschen ordre public; sie enthalte nämlich keine Begründung und spreche eine Forderung zu, die mit dem Ehevertrag der geschiedenen Eheleute unvereinbar sei und als Unterhaltsleistung in dieser Höhe grundlegenden deutschen Vorstellung widerspreche (Art. 18 Abs. 7 EGBGB). Der Schuldner habe sich in wesentlichen Terminen nicht anwaltlich vertreten lassen können, weil die Anwälte in England zu teuer gewesen seien. Wegen des ausführlichen Vertrags wird auf die Schriftsätze des Schuldners verwiesen (S. 77 ff., 187, 201 ff., 237 f., 283 ff., 303 ff. d.A.).
Der Schuldner beantragt,
die Entscheidung des Vorsitzenden Richters am Landgericht abzuändern und den Antrag auf Anordnung der Klauselerteilung zurückzuweisen.
Die Gläubigerin beantragt,
die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Gläubigerin trägt im wesentlichen vor (S. 161 ff., 209 ff., 217, 225 ff., 265, 297 ff., 307 d.A.), das Urteil sei mündlich begründet worden, eine Ausfertigung könne vom Schuldner gegen Bezahlung beantragt werden. Der zugesprochenen Höhe des Unterhalts liege englisches Recht zugrunde, das Gericht habe die Einkommensteuererklärung und die Vermögensverhältnisse des Schuldners berücksichtigt; es sei Folge des Versäumnisses des Schuldners, wenn dabei sein Vortrag keine in seinen Augen ausreichende Berücksichtigung gefunden habe.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde (§ 11 AVAG) ist nicht begründet. Denn das Landgericht hat zu Recht die Erteilung der deutschen Vollstreckungsklausel angeordnet.
1. Die zu vollstreckende Entscheidung fällt in den Anwendungsbereich des Brüsseler Übereinkommens 1968 (Art. 1 Abs. 1, 5 Nr. 2 EuGVÜ), weil es sich um eine Unterhaltssache und keine Güterstandsstreitigkeit im Rahmen eines Scheidungsverfahrens handelt. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Unterhaltssachen, die dem Ausschluss nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 EuGVÜ nicht unterfallen, sehr weit zu fassen. Unterhaltssachen liegen insbesondere auch dann vor, wenn der Unterhalt auf mehrere Jahre kapitalisiert wird und wenn bei dieser Kapitalisierung Eigentumsverhältnisse berücksichtigt werden, ja sogar dann, wenn zur Sicherung des Unterhalts Eigentumsübertragungen angeordnet sind. Maßgeblich sind Zweck und Zielsetzung der Entscheidung. Vor diesen Maßstäben ist die Entscheidung des High Court durchaus als Unterhaltsregelung in diesem weiten Sinne einzuordnen (hierzu EuGH vom 06.03.1980, De Cavel/De Cavel, Slg. 1980 I, 731, 739/740; EuGH vom 27.02.1997, van den Boogard/Laumen, Slg. 1997 I, 1147, 1166–1175, 1184 ff.; ausführlich Kropholler, EuGVÜ, 6. Aufl. 1998, Art. 1 Rz. 23 ff. m.N.w.).
2. Der Anerkennungsverweigerungsgrund nicht ordnungsgemäßer oder verspäteter Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks (Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ) ist von vorneherein nicht gegeben, weil sich der Schuldner auf das Verfahren eingelassen hat. Er war nach dem Inhalt der mündlichen Urteilsgründe in hearings zunächst anwaltlich vertreten und hat – so auch sein eigener Vortrag – die Vertretung erst später eingestellt.
3. Ein ordre-public-Verstoß (Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ) lässt sich nicht auf das Fehlen von Urteilsgründen stützen. Dabei kann dahinstehen, ob bei Versäumnisurteilen Urteilsgründe notwendig sind, insbesondere wenn sie aufgrund späterer Säumnis oder verweigerter Mitwirkung ergehen. Denn im vorliegenden Falle hat das Gericht eine mündliche Urteilsbegründung gegeben. Der „unapproved note of the judgment”, wie sie die Anwälte der Gläubigerin vorgelegt haben, hat der Schuldner nach Einsicht letztendlich dann auch nicht mehr widersprochen.
4. Die Höhe des Unterhalts vermag einen ordre-public-Versto...