Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufrechnung im Unterhaltsprozess
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch wenn es aus Gründen des Sachzusammenhangs sinnvoll erscheinen könnte, bereits im Unterhaltsprozess die Möglichkeit einer Aufrechnung nach den Regeln über die Pfändbarkeit von Unterhaltsansprüchen gem. § 850b ZPO zuzulassen, ist dieser Weg im Interesse einer zügigen Verfahrenserledigung abzulehnen. Es bleibt insoweit bei der alleinigen Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts, das zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen der Pfändbarkeit und damit der Aufrechnung vorliegen.
2. Nimmt der Unterhaltsgläubiger hin, dass nur ein Teil des titulierten Unterhalts gezahlt wird, behält sich die Nachforderung aber vor, so verstößt er nicht gegen Treu und Glauben, wenn er später wegen der Rückstände vollstreckt, obwohl der Gläubiger seinerseits anerkannte Gegenforderungen in größerer Höhe hat.
Normenkette
ZPO §§ 767, 850b; BGB §§ 242, 387, 394
Verfahrensgang
AG Warendorf (Urteil vom 18.12.2003; Aktenzeichen 9 F 610/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.12.2003 verkündete Urteil des AG - FamG - Warendorf abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte vollstreckt gegen den Kläger wegen rückständigen Trennungsunterhalts, den dieser auf Grund der einstweiligen Anordnung des AG Warendorf vom 25.1.2002 (Az. 9 F 757/2001 AG Warendorf) schuldet. Die Forderung beläuft sich gemäß der Aufstellung vom 6.6.2003, auf die Bezug genommen wird (Bl. 10 GA), für die Zeit von März 2002 bis Januar 2003 einschließlich der Vollstreckungskosten auf 4.579,76 Euro. Der Kläger hat ggü. dieser Forderung die Aufrechnung erklärt und will im Wege der Vollstreckungsgegenklage erreichen, dass die weitere Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt wird.
Eine weitere im Wege der Klagehäufung erhobene Vollstreckungsgegenklage, die sich gegen die vergleichsweise titulierten Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt für die Zeit von März bis Juni 2003 richtete, hat das AG als unzulässig abgewiesen; sie spielt in der zweiten Instanz keine Rolle mehr. Dem Streit über die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Anordnung liegt Folgendes zu Grunde:
Die am 18.9.1986 geschlossene Ehe der Parteien ist seit dem 31.1.2003 rechtskräftig geschieden. Nach der Trennung im Mai 2000, deren Anlass die Parteien unterschiedlich darstellen, haben sie am 21.12.2000 einen notariellen Vertrag zur Regelung der Scheidungsfolgen abgeschlossen. Sie haben den Versorgungsausgleich ausgeschlossen, die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Kindesunterhalt für die bei der Beklagten lebenden Kinder geregelt und gegenseitig auf nachehelichen Unterhalt und eventuelle Ansprüche auf Zugewinn verzichtet. Weiter übertrug die Beklagte ihren Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch von Warendorf Bl. 4450 eingetragenen Hausgrundstück auf den Kläger. Dieser verpflichtete sich im Gegenzug, die Entlassung der Beklagten aus der Mithaftung für die grundbuchlich gesicherten Darlehen herbeizuführen oder sie durch Abschluss einer Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung hinsichtlich der Haftungsrisiken abzusichern (§ 14 des notariellen Vertrages). Weiter heißt es in § 15 des Vertrages:
Der Erschienene zu 1) (Kläger) ist weiterhin Eigentümer des Hausgrundstücks in E. Dieses wurde mit einer Grundschuld von 200.000 DM belastet, weiche einen Geschäftskredit für die Erschienene zu 2) (Beklagte) absichert. Diese übernimmt ggü. der Gläubigerin die Haftung für die der Grundschuld zu Grunde liegende Verbindlichkeit und stellt den Erschienenen zu 1) im Innenverhältnis von allen Forderungen und Ansprüchen Dritter frei.
Der vorstehend erwähnte Geschäftskredit diente der von der Beklagten betriebenen Firma M+M häusliche Krankenpflege. Da die Firma 2001 in finanzielle Schwierigkeiten geriet und eine Sanierung nicht gelang, wurde am 22.5.2002 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet.
Die Beklagte hat bereits am 8.11.2001 Scheidungsklage eingereicht, die dem Beklagten am 10.11.2001 zugestellt wurde. Die dadurch eintretende Unwirksamkeit des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs (§ 1408 Abs. 2 BGB) hat unstreitig den ganzen Scheidungsfolgenvertrag erfasst.
Im Zuge des Scheidungsverfahrens hat die Beklagte den Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Trennungsunterhalt beantragt. Dem Beklagten ist daraufhin durch Beschluss vom 25.1.2002 aufgegeben worden, für Dezember 2001 1.771 DM und ab Januar 2002 monatlich 905,50 Euro zu zahlen. Der Beklagte hat auf diesen Titel ab März 2002 monatlich nur 500 Euro bezahlt. Die Beklagte hat nach ihrer Darstellung erklärt, diese Zahlung vorläufig im Interesse einer künftigen gütlichen Einigung hinzunehmen.
Im Scheidungsverfahren haben die Parteien im Termin am 31.1.2003 eine vom notariellen Vertrag über die Scheidungsfolgen abweichende Vereinbarung zum Versorgungsausgleich und zum nachehelichen Unterhalt geschlossen. Im Übrigen sollte der n...