Leitsatz (amtlich)

Bei Nichterweislichkeit der Beteiligung am Diebstahl (Vortat) und Verurteilung der sicher festgestellten Hehlerei ist der Angeklagte zugleich vom Vorwurf der Vortat freizusprechen, weil nur durch einen Freispruch klargestellt wird, dass die Strafklage hinsichtlich des anderen Vorwurfs verbraucht und ein neues Verfahrens wegen dieser Tat nicht mehr zulässig ist.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 24.03.2015; Aktenzeichen 707 Ns 3/15)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 7, vom 24. März 2015 wird

a) der Angeklagte von dem mit Anklageschrift vom 12. Juni 2014 erhobenen Vorwurf des Diebstahls durch Entwenden eines Kinderwagens (Typ "Hartan VIP") in der Zeit zwischen dem 16. Februar 2014, 15.30 Uhr und dem 17. Februar 2014, 9 Uhr freigesprochen,

b) das Urteil des Landgerichts vom 24. März 2015 im Rechtsfolgenausspruch - mit den zugehörigen Feststellungen - aufgehoben,

c) die Revision im Übrigen mit der Maßgabe verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO), dass der Angeklagte wegen des Geschehens am 26. Februar 2014 der versuchten Hehlerei schuldig ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 12. Juni 2014 wird dem Angeklagten vorgeworfen, in Hamburg in der Zeit vom 16. Februar 2014, 15.30 Uhr bis 17. Februar 2014, 9.00 Uhr, einen Diebstahl begangen zu haben, indem er den im Eingangsbereich des Treppenhauses L. 25 abgestellten Kinderwagen Typ "Hartan VIP" des Zeugen Kr., den dieser dort abgestellt hatte, an sich nahm, um ihn für sich zu verwerten und in der Folge versucht zu haben, den Kinderwagen über das Internet bei "ebay" zu verkaufen.

Das Amtsgericht Hamburg-Barmbek hat daraufhin mit Urteil vom 6. Oktober 2014 gegen den Angeklagten wegen Hehlerei auf eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten erkannt. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Landgericht mit Urteil vom 24. März 2015 verworfen.

Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat darauf angetragen, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe zu verwerfen, dass der Angeklagte der versuchten Hehlerei schuldig ist.

II.

Die Revision des Angeklagten ist zulässig (§§ 333, 341, 344, 345 StPO) und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Der Angeklagte war von dem mit der zugelassenen Anklageschrift vom 12. Juni 2014 erhobenen Vorwurf des Diebstahls freizusprechen, da ihm diese Tat nach den Feststellungen des Landgerichts nicht nachzuweisen war.

Abweichend von der zugelassenen Anklage ist nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils davon auszugehen, dass nicht der Angeklagte, sondern "unbekannte Täter" den Kinderwagen vom Typ "Hartan VIP" zu einem nicht exakt bekannten Zeitpunkt zwischen dem späten Nachmittag des 16. Februar 2014 und dem frühen Vormittag des 17. Februar 2014 aus dem Eingangsbereich des Mehrfamilienhauses L. 25 in Hamburg entwendeten (vgl. Seite 7 UA).

Das Landgericht hat sich hingegen davon überzeugt, dass der Angeklagte - was vom konkreten Anklagesatz der Anklageschrift vom 12. Juni 2014 umfasst ist (siehe dazu unten Ziffer 2.) - am hehlerischen Absatz des vorgenannten Kinderwagens beteiligt war, indem er seine Lebensgefährtin zum Treffen mit dem vermeintlich über das Internet gefundenen Käufer begleitete (vgl. S. 8 und 9 UA).

Bei Konstellationen der Nichterweislichkeit der Täterschaft hinsichtlich der Vortat und der zweifelsfreien Feststellung einer Hehlereihandlung ist eine Verurteilung wegen der dem Diebstahl nachfolgenden "Nachtat" der Hehlerei im Wege der Postpendenzfeststellung möglich und geboten (BGHSt 35, 86 (89), BGH, Urteil vom 23. Februar 1989, Az.: 4 StR 628/88 = NStZ 1989, 266; BGH, Urteil vom 14. September 1989, Az.: 4 StR 170/89 = NStZ 1989, 574; zur Abgrenzung zwischen Wahl- oder Postpendenzfeststellung bei Betrug und Untreue: vgl. Beschluss des Senats vom 11. April 1994, Az.: 2 Ss 4/94 = MDR 1994, 712, 713), zugleich aber wegen der nicht erweislichen Vortat freizusprechen (BGH NStZ 2011, 510; Meyer-Goßner/Schmitt (58. Aufl.) § 260 Rn. 27mwN).

Denn nur durch einen entsprechenden Freispruch wird klargestellt, dass die Strafklage hinsichtlich des zeitlich vorgelagerten Vorwurfs verbraucht und ein neues Verfahren bezüglich dieser Tat nicht mehr zulässig ist (vgl. hierzu: BGH Beschluss vom 14. Juli 1998, Az.: 4 StR 214/98, BGH, Beschluss vom 25. Oktober 1989, Az.: 2 StR 293/89 = BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 17; BGHSt 38, 172, 173; KG, Beschluss vom 27. März 2013, Az.: (4) 161 Ss 51/13 (53/13); KG, Beschluss vom 21.12.2011, Az. (4) 1 Ss 456/11 (324/11); OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21. August 2009, 1 Ss 57/09). Diesen Teilfreispruch holt der Senat nach.

2. Der Rechtsfolgenausspruch hält der durch die allgemeine Sachrüge veranlassten revisionsrechtlichen P...

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