Leitsatz (amtlich)
1. Die Rechtswahl nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB erfasst auch den Vatersnamen nach russischem Recht.
2. Der Vatersname nach russischem Recht verstößt nicht gegen den Grundsatz des ordre public (Art. 6 EGBGB).
Verfahrensgang
AG Hamburg (Aktenzeichen 60 III 170/18) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Standesamtsaufsicht wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 9.3.2020 dahingehend abgeändert, dass der Geburtseintrag für das Kind F... F... dahingehend berichtigt wird, dass zwischen dem Vornamen und dem Familiennamen des Kindes der Vatersname "F..." eingetragen wird. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen
2. Kosten und Auslagen für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragsteller sind Eltern des am ...2018 geborenen Beteiligten zu 5.). Sie sind verheiratet und führen den Namen F... als Familiennamen. Die Antragstellerin verfügt über die deutsche Staatsangehörigkeit, der Antragsgegner über die russische Staatsangehörigkeit. Das Kind ist sowohl deutscher als auch russischer Staatsangehöriger.
Durch Anzeige vom 23.10.2018 gegenüber dem Standesamt bestimmten die Eltern den Vornamen des Kindes mit F.... Angaben zum Vatersnamen enthielt die Anzeige nicht.
Beide Eltern führen jeweils neben ihrem Vor- und Familiennamen noch ihren Vatersnamen.
Der Beteiligte zu 5.) wurde am 2.11.2018 mit dem Vornamen F... und dem Geburtsnamen F... in das Geburtsregister eingetragen.
Am 6.12.2018 beantragten die Antragsteller zur Niederschrift auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, für das Kind im Geburtsregister einen Vatersnamen zwischen dem Vor- und Familiennamen einzufügen. Hinsichtlich der Schreibweise dieses Namens haben die Antragsteller zuletzt beantragt, dass der Namen "F..." als Vatersname eingetragen wird. Sie stützten ihren Antrag zunächst auf § 48 PStG, weil die Eintragung des Vatersnamens bereits ursprünglich hätte vorgenommen werden müssen, versehentlich aber unterblieben sei. Das Geburtsregister sei daher zu berichtigen. Am 3.12.2019 wählten die Antragsteller durch Erklärung gegenüber dem Standesamt die Anwendung des russischen Rechts auch für den Vatersnamen. Das Standesamt lehnte eine Eintragung des Vatersnamens in das Geburtsregister ab. Die Eltern beantragen nunmehr, das Standesamt gem. § 49 PStG anzuweisen, die Eintragung des Vatersnamen in das Geburtsregister vorzunehmen. Jedenfalls die von ihnen vorgenommene Rechtswahl führe zur Anwendung des russischen Rechts auf den Vatersnamen. Dieser sei daher in das Geburtsregister einzutragen. Die Eintragung des Vatersnamens im Geburtsregister sei deswegen erforderlich, weil eine Übernahme des Vatersnamens in den russischen Pass für das Kind nur möglich sei, wenn ein solcher zuvor im deutschen Geburtsregister eingetragen sei. Die Eintragung des Vatersnamen als zweiter Vorname genüge nicht, weil es sich bei dem Vatersnamen eben um keinen zweiten Vornamen handele.
Das Standesamt ebenso wie die Standesamtsaufsicht treten dem Antrag entgegen. Der Name des Kindes richte sich gem. Art. 10 Abs. 1 EGBGB nach deutschem Recht. Das deutsche Namensrecht kenne aber keinen Vatersnamen. Daran habe die durchgeführte Rechtswahl der Eltern nichts geändert. Die Rechtswahlmöglichkeit des Art. 10 Abs. 3 EGBGB beziehe sich allein auf den Familiennamen, nicht aber auf den Vatersnamen.
Das Amtsgericht hat dem Antrag mit Beschluss vom 9.3.2020, der Standesamtsaufsicht am 18.3.2012 zugestellt, stattgegeben und das Standesamt angewiesen, die begehrte Eintragung des Vatersnamens vorzunehmen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Rechtswahlmöglichkeit des Art. 10 Abs. 3 EGBGB auch den Vatersnamen erfasse. Denn jedenfalls sei die Eintragung vorzunehmen, um eine unzumutbare Härte zu vermeiden. Die russischen Heimatbehörden des Kindes würden sich weigern, den Vatersnamen in den russischen Pass des Kindes aufzunehmen, weil dieser nicht im deutschen Geburtsregister eingetragen sei.
Mit am 16.4.2020 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz legt die Standesamtsaufsicht gegen diese Entscheidung des Amtsgerichts Beschwerde ein, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat. Die Standesamtsaufsicht meint, dass eine unzumutbare Härte nicht vorliege. Der Vatersname des Kindes könne ohne weiteres als zweiter Vorname in das Geburtsregister aufgenommen werden. Dann werde er auch in den russischen Pass übertragen. Eine Rechtswahl nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB in Bezug auf den Vatersnamen sei nicht möglich. Die Rechtswahlmöglichkeit nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB beziehe sich allein auf den Familiennamen. Der Vatersname russischen Rechts sei aber kein Familienname. Er leite sich vom Vornamen des Vaters ab und werde an die nächste Generation nicht weitergegeben. Der Gesetzgeber habe die Rechtswahlmöglichkeit bewusst auf den Familiennamen beschränkt.
Nach Hinweis des Senats auf die bislang mangels öffentlicher Beglaubigung unwirksame Rechtswahl der Antragsteller haben die Antragsteller am 10.2.2021 erneut, nunmeh...