Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 04.05.2017 gegen den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 24.04.2017 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Abrechnung einer IMRT/IGRT Behandlung, insbesondere hinsichtlich der Anwendung der GOÄ-Ziffer 5855 A. Hierüber beabsichtigt das Landgericht, gem. Beweisbeschluss vom 06.03.2017 (Bl 74 GA) Beweis zu erheben. Das Landgericht hat den Sachverständigen Prof. Dr. N. mit Beschluss vom 24.07.2017 (Bl. 97 GA) zum Sachverständigen ernannt. Die Beklagte wendet ein, der Sachverständige sei nicht unvoreingenommen, weil er zwei andere, bei ihr versicherten Personen mit diesem Verfahren (IMRT) behandelt und in der streitigen Weise abgerechnet habe; sie habe Leistungen nur gekürzt erstattet.

II. Die gem. § 406 Abs. 5 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt.

Soweit das Landgericht im Nichtabhilfebeschluss vom 10.05.2017 ausgeführt hat, die Beschwerde sei nicht statthaft, zunächst müsse "die Bestellung des Sachverständigen bestandskräftig" sein, ist das nicht zutreffend. § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO sieht ausdrücklich vor, dass die Beschwerde "spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung" einzulegen ist.

Der Beschluss über die Ernennung des Sachverständigen wurde der Beklagten am 02.05.2017 zugestellt (Bl. 102 GA), die Beschwerdeschrift ging am gleichen Tag und damit rechtzeitig ein.

III. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.

1. Nach § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters gem. § 42 ZPO berechtigen, abgelehnt werden. Für die Besorgnis der Befangenheit ist es nicht erforderlich, dass der vom Gericht beauftragte Sachverständige tatsächlich parteiisch ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18. Dezember 2014, Az. 2 WF 239/14, zitiert nach juris mit weiteren Nachweisen; Thüringer OLG, Beschluss vom 22. August 2016, Az. 6 W 66/16, zitiert nach juris, Rdnr. 20).

Geeignet, Misstrauen gegen eine unparteiische Tätigkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen, sind jedoch nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus.

2. Ausgehend hiervon besteht keine Besorgnis der Befangenheit.

a) Der Sachverständige steht zu keiner der Parteien in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis. Sein Honorar bezieht der nach der GOÄ abrechnende Arzt von seinem Vertragspartner, dem Patienten, der sich sodann gegebenenfalls - wie auch hier - mit seiner Krankenversicherung auseinanderzusetzen hat (siehe dazu nachfolgend c)).

b) Eine Besorgnis der Befangenheit ergibt sich auch nicht daraus, dass der Sachverständige im Rahmen der von ihm ausgeübten ärztlichen Tätigkeit selbst IMRT-Leistungen erbringt und sie - über eine privatärztliche Abrechnungsstelle - analog Ziff. 5855 GOÄ abrechnet. Die Vornahme und Abrechnung solcher Behandlungen rechtfertigt für sich alleine die Besorgnis der Befangenheit nicht, sondern vermittelt dem Sachverständigen die zur Beantwortung der Beweisfrage gebotene Sachkunde. Auch sonst ist es nicht nur üblich, sondern auch geboten, als Sachverständige Personen zu beauftragen, die aufgrund ihrer eigenen Tätigkeit mit den zu begutachtenden Sachverhalten vertraut sind.

aa) Dabei ist von entscheidender Bedeutung, dass der Sachverständige in dem von ihm zu erstellenden Gutachten nicht über die Rechtsfrage der Analogiefähigkeit der Ziff. 5855 zu befinden hat. Dies obliegt dem Gericht.

Gegenstand der sachverständigen Begutachtung ist vielmehr die tatsächliche Vergleichbarkeit der von der Katalogziffer 5855 erfassten ärztlichen Leistung und der hier streitgegenständlichen ärztlichen Leistung der IMRT-Behandlung nach Art, Kosten und Zeitaufwand. Der Sachverständige hat dem Gericht die Tatsachengrundlage zu verschaffen, anhand derer sodann das Gericht über die Vergleichbarkeit und basierend hierauf über die Analogiefähigkeit zu befinden hat. Darauf bezieht sich auch die Beweisfrage des Beweisbeschlusses vom 06.03.2017 (Bl. 74 GA), auch wenn - insoweit nur schlussfolgernd - weiter ausgeführt wird, dass bei Vorliegen der Gleichwertigkeit dann "für die durchgeführte Behandlung die GOÄ-Ziffer 5855 A abrechnungsfähig sei".

Der Sachverständigen hat (lediglich) die tatsächlichen Umstände, die für und gegen eine Vergleichbarkeit sprechen, zu ermitteln und darzustellen. Das ist ihm unparteiisch auch dann möglich, wenn er selbst in einer bestimmten Weise abrechnet, we...

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