Leitsatz (amtlich)
Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nach Wahl des minderjährigen, aber verfahrensfähigen Beteiligten kann nicht pauschal mit dem Hinweis abgelehnt werden, dass für diesen bereits ein Verfahrensbeistand bestellt worden ist.
Der die Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren betreffende Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen einem minderjährigen, aber verfahrensfähigen Beteiligten und einem Rechtsanwalt ist jedenfalls dann ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters wirksam, wenn die anwaltliche Vertretung entsprechend § 78 Abs. 2 FamFG wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage unter Berücksichtigung der subjektiven Fähigkeiten des Beteiligten erforderlich erscheint.
Verfahrensgang
AG Leipzig (Beschluss vom 21.11.2013; Aktenzeichen 336 F 3984/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Leipzig vom 21.11.2013 - 336 F 3984/13 - unter Nr. 2 des Tenors abgeändert.
Dem Betroffenen wird Rechtsanwalt xxx beigeordnet.
Gründe
I. Der Vormund beantragt die geschlossene Unterbringung des mittlerweile 16 Jahre alten Betroffenen in einer medizinischen Einrichtung zum Zwecke der Drogenentgiftung. Das AG hat dem Betroffenen mit Beschluss vom 29.10.2013 einen Verfahrensbeistand bestellt. Dieser hat den Betroffenen am 1.11.2013 aufgesucht. Mit Schreiben vom 3.11.2013 hat der Verfahrensbeistand mitgeteilt, die geschlossene Unterbringung entspreche zwar erklärtermaßen nicht dem Kindeswillen, jedoch aus seiner fachlichen Sicht dem Kindeswohl, und hat empfohlen, dem Antrag stattzugeben.
Am 13.11.2013 hat der Betroffenen einen Rechtsanwalt bevollmächtigt. Dieser hat Verfahrenskostenhilfe unter seiner Beiordnung beantragt.
Das AG hat die kinder- und jugendpsychiatrische Begutachtung des Betroffenen zur Klärung der Frage, ob die geschlossene Unterbringung notwendig ist, angeordnet.
Mit dem abgeänderten Beschluss hat das AG dem Betroffenen Verfahrenskostenhilfe für die erste Instanz bewilligt, seinen Antrag auf Beiordnung aber mit der Begründung zurückgewiesen, der Rechtsanwalt sei durch den nur eingeschränkt geschäftsfähigen Betroffenen nicht wirksam beauftragt worden. Im Übrigen liege kein hinreichender Grund für die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten vor, da ein Verfahrensbeistand bestellt worden sei, kein Anwaltszwang bestehe und es sich um ein Amtsermittlungsverfahren handele. Dieser Beschluss ist dem Betroffenen persönlich am 26.11.2013 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 27.12.2013, beim AG per Fax am selben Tag eingegangen, hat der Rechtsanwalt sofortige Beschwerde eingelegt und auf die Gesetzesbegründung zu § 9 FamFG - Verfahrensfähigkeit - verwiesen. Der Betroffene habe weder zu seinem Vormund noch zum Verfahrensbeistand und auch nicht zu den Mitarbeitern der Wohngruppe Vertrauen.
Das AG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 30.12.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II.1. Die Beschwerde des Betroffenen ist zulässig.
a) Zwar hat sein Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom 27.12.2013 erklärt, dass er (selbst) Beschwerde einlege. Ein Hinweis darauf, dass er für seinen Mandanten handeln will, findet sich nicht. Ein eigenes Beschwerderecht steht einem Rechtsanwalt, dessen Beiordnung abgelehnt worden ist, indes nicht zu. Aus diesem Grund müsste die Beschwerde als unzulässig verworfen werden.
Allerdings sind Verfahrenserklärungen nicht nur der Auslegung, sondern auch der Umdeutung fähig (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., vor § 128 Rz. 25 a.E.). Eine fehlerhafte Beteiligtenhandlung ist analog § 140 BGB in eine zulässige und wirksame umzudeuten, wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem maßgeblichen Beteiligtenwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (BGH, Beschl. v. 21.6.2000 - XII ZB 93/00 -, juris). So liegt der Fall hier.
Der Betroffen hat im Rahmen des Termins vom 19.11.2013 ausdrücklich die Beiordnung seines Rechtsanwalts beantragt. Die diesem am 13.11.2013 erteilte Vollmacht umfasst das Einlegen von Rechtsmitteln. Es entspricht dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen, wenn in seinem Namen gegen die Versagung der Beiordnung Beschwerde eingelegt wird. Die Beschwerde ist zulässig (s.u.). Schutzwürdige Interessen der übrigen Beteiligten, die einer Beiordnung entgegenstünden, sind nicht ersichtlich.
b) Der Betroffene ist gem. § 167 Abs. 3 FamFG verfahrensfähig und schon allein deshalb in der Lage, Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss einzulegen (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., § 60 Rz. 2).
c) Der Rechtsanwalt konnte für den Betroffenen Beschwerde einlegen. Entgegen der Auffassung des AG ist die Vollmacht vom 13.11.2013 wirksam
Auch dies ist Folge der Verfahrensfähigkeit des Betroffenen. Denn die Entscheidung, ob ein Minderjähriger wirksam eine Verfahrensvollmacht erteilen kann, richtet sich nicht nach §§ 104 ff. BGB, sondern nach den Bestimmungen des jeweiligen Verfahrensrechts (vgl. BGH, Urt. v. 19.3.1993 - V ZR 36/92 -, juris; OVG NW, Bes...