Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 10.08.2004; Aktenzeichen 2 O 375/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Klägerin nach einem Beschwerdewert von 1.072,76 Euro zurückgewiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG), in der Sache aber unbegründet.

1. Zu Recht hat der Rechtspfleger zunächst den geltend gemachten Zuschlag für die Bahncard i.H.v. 26,76 Euro nicht berücksichtigt. Die Kosten für die Anschaffung einer Bahncard sind, wenn mit dieser eine Fahrkarte zur Anreise zum Gerichtstermin zu einem ermäßigten Preis erworben wird, nicht erstattungsfähig (OLG Karlsruhe JurBüro 2000, 145; VG Ansbach AnwBl. 2001, 185; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rz. 13 - Reisekosten b) des Anwalts). Es handelt sich hierbei um allgemeine Geschäftskosten des Rechtsanwalts, denen ein konkreter Bezug zum Rechtsstreit und den in diesem entstandenen Kosten fehlt und die daher ebenso wenig gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO erstattungsfähig sind wie sonstige Kosten des Rechtsanwalts für das Vorhalten von Personal, Büroräumen oder Kfz. Hinzu kommt, dass es in keiner Weise möglich ist, die Kosten für die Bahncard auch nur einigermaßen sicher anteilig auf die konkrete Reise umzulegen. Das wäre nur nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Bahncard möglich, wenn feststünde, ob und in welchem Umfang hier durch die berufliche Tätigkeit des Rechtsanwalts veranlasste Reisen angefallen sind und welche Kosten hierfür aufgewandt werden mussten. Hierfür fehlt es vorliegend an jeglichen Anhaltspunkten. Eine schlichte Umlegung der Bahncardkosten dahin, dass - wie von der Klägerin beantragt - auf den tatsächlichen Fahrpreis ein pauschaler Aufschlag von 20 % vorgenommen wird, ist nicht möglich.

Soweit die Klägerin mit ihrer Beschwerde hilfsweise die Berücksichtigung von Fahrtkosten beantragt, die entstanden wären, wenn eine Fahrkarte ohne Benutzung der Bahncard erworben worden wäre, kommt ebenfalls nicht in Betracht. Erstattungsfähig sind nur die tatsächlich angefallenen, nicht dagegen fiktive Kosten. Dass bei anderweitiger Handhabung möglicherweise höhere Kosten entstanden wären, ist demgegenüber unerheblich.

2. Ohne Erfolg wendet die Klägerin sich auch dagegen, dass der Rechtspfleger in dem angefochtenen Beschluss - insoweit unter Abänderung des aufgehobenen Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 8.7.2004 - keine Beweisgebühr nach § 31 Abs. 1 Ziff. 3, § 34 Abs. 2 BRAGO i.H.v. 1.046 Euro festgesetzt hat.

Gemäß § 34 Abs. 2 BRAGO erhält der Rechtsanwalt bei Beiziehung von Akten oder Urkunden die Beweisgebühr nur dann, wenn die Akten oder Urkunden durch Beweisbeschluss oder sonst erkennbar zum Beweis beigezogen oder als Beweis verwertet werden. Hieran fehlt es vorliegend.

Ein förmlicher Beweisbeschluss ist nicht ergangen. Auch hat das Gericht die Strafakten nicht erkennbar zum Beweis beigezogen. Vielmehr ergibt sich aus dem Tatbestand des Urteils vom 29.4.2004 lediglich, dass die Strafakten vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind. Entsprechend heißt es in der vom Rechtspfleger eingeholten Stellungnahme des Einzelrichters (Bl. 114 R d.A.):

"Die Ermittlungsakten sind dem Urteil zufolge nicht zu Beweiszwecken verwendet worden."

In einem solchen Fall, in dem das Gericht sich in Ergänzung des Parteivorbringens lediglich Klarheit über weitere Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhaltes verschaffen wollte, liegt keine erkennbare Beiziehung zum Beweis vor (Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 34 BRAGO Rz. 26). Dass hier eine Beiziehung gerade nicht zu Beweiszwecken erfolgte, ergibt sich auch daraus, dass bereits nach Eingang der Klageschrift, in der das Strafverfahren erwähnt wurde, die Beiziehung der Strafakten mit Verfügung vom 21.1.2004 angeordnet wurde, bevor noch eine Klageerwiderung vorlag und deshalb überhaupt noch nicht abzusehen war, ob die Akten zu Beweiszwecken benötigt werden würden.

Schließlich sind die beigezogenen Strafakten auch nicht als Beweis verwertet worden. Eine Verwertung als Beweis setzt voraus, dass sich das Gericht im Wege des Urkundenbeweises Gewissheit über die Wahrheit oder Unwahrheit einer streitigen oder sonst für beweisbedürftig angesehenen Tatsache verschafft hat. Die beigezogenen Akten müssen also zum Beweis einer entscheidungserheblichen Tatsache verwendet worden sein, was ihre Würdigung in einer gerichtlichen Entscheidung voraussetzt (BGH, Beschl. v. 29.7.2004 - III ZB 71/03; OLG Celle, Beschl. v. 2.3.2004 - 8 W 65/04). Demgegenüber reicht es nicht aus, wenn das Gericht lediglich den unstreitigen Sachverhalt einer Beweisurkunde würdigt und hieraus entscheidungserhebliche Schlussfolgerungen zieht.

Hier wurden die Strafakten nicht dazu verwertet, eine zwischen den Parteien streitige und beweisbedürftige Frage durch ihre Beiziehung im Wege des Urkundenbeweises zu klären. Tatsächlich hat das Gericht die inhaltlich unstreitigen Strafakte vielmehr lediglich zur Erläuterung zum besseren Verständnis des Parteivortrages und zu des...

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