Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebühren und Kosten: Kostenverteilung bei nachträglicher Bewährungsentscheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Verfahren über den Widerruf der Aussetzung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bedarf es einer Kosten- und Auslagenentscheidung nicht; es verbleibt bei dem Grundsatz, daß der Verurteilte die Kosten und Auslagen der Verurteilung bzw. der Maßregelanordnung einschließlich einer nachträglichen Bewährungsentscheidung zu tragen hat.

 

Gründe

I. Am 23. Januar 2003 hatte die 2. große Strafkammer des Landgerichts ####### im Sicherungsverfahren gegen den Verurteilten die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, deren Vollstreckung jedoch zur Bewährung ausgesetzt. Mit Bewährungsbeschluss vom selben Tag war dem Verurteilten u.a. aufgegeben worden, seine begonnene Heilbehandlung im Landeskrankenhaus ####### fortzusetzen.

Nachdem das Landeskrankenhaus in der ärztlichen Stellungnahme vom 22. April 2003 die Behandlung des Verurteilten als gescheitert erachtet hatte, beantragte die Staatsanwaltschaft unter dem 20. Mai 2003 den Widerruf der Bewährungsaussetzung. Nach Einholung eines externen Prognosegutachtens und zwei Anhörungen des Verurteilten nahm die Staatsanwaltschaft den Widerrufsantrag zurück und die Kammer änderte lediglich die Bewährungsweisung mit dem angefochtenen Beschluss, der keine Kosten- und Auslagenentscheidung enthält.

Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit dem als sofortige Beschwerde auszulegenden Schriftsatz seines Verteidigers vom 6. Januar 2004, mit dem das Unterlassen einer den Verurteilten begünstigenden Kosten- und Auslagenentscheidung beanstandet wird.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Allerdings ist die sofortige Beschwerde entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 311 Abs. 2 StPO eingelegt. Denn die Beschwerdefrist ist mangels Zustellung gemäß § 35 Abs. 2 S. 1 StPO bis heute nicht in Lauf gesetzt.

2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Eine Kosten- und Auslagenentscheidung war in dem angefochtenen Beschluss nicht veranlasst.

Gemäß § 464 Abs. 1 StPO sind (nur) die eine Untersuchung einstellenden Entscheidungen mit einer Kosten- und Auslagenentscheidung zu verbinden. Kostenentscheidungen sind demnach - außer bei verfahrensbeendenden Entscheidungen im engeren Sinn - dann veranlasst, wenn ein selbstständiger Verfahrensabschnitt oder ein vom Ausgang der Hauptsache unabhängiges Zwischenverfahren durch gerichtliche Entscheidung abgeschlossen wird (KK-Franke, StPO, 5. Aufl., Rdnr. 3 zu § 464). Darum handelt es sich bei dem Verfahren über den Widerruf nach § 67g StGB nicht, weil die Strafkammer in Verfahren und Entscheidung nicht vom Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft abhängig ist und durch die Rücknahme des Wiederrufsantrags auch nicht der aktuelle (potentielle) Widerrufsgrund verbraucht wird (vgl. näher die eingehende Begründung des hiesigen 1. Strafsenats, Beschluss vom 12. November 1987, 1 Ws 340/87 = NdsRpfl. 1988, 13 f. = NStZ 1988, 196). Kostenrechtlich unterliegt der Verurteilte deshalb in der Vollstreckung einschließlich der nachträglichen Bewährungsentscheidungen dem Grundsatz des § 465 StPO, wonach er die Kosten und Auslagen der Verurteilung bzw. der Maßregelanordnung zu tragen hat. Das entspricht mittlerweile gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung (s. etwa hiesiger 1. Strafsenat, aaO.; OLG Braunschweig NStZ-RR 2001, 185 f.; OLG Köln NStZ 1999, 534 f.; OLG Karlsruhe NStZ 1998, 272; KG NStZ 1989, 490 f.). Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken. Einer Kostenentscheidung bedurfte es deshalb in dem angefochtenen Beschluss im Widerrufsverfahren nicht.

3. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2570883

StV 2006, 30

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