Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bei Arbeitsentgelt. Unterhaltsbeihilfe eines Rechtsreferendars. öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis. Arbeitsentgelt. Weitergewährung für den laufenden Monat der Zweiten Juristischen Staatsprüfung. Beendigung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses mit Bestehen der zweiten Staatsprüfung
Leitsatz (amtlich)
Die ungekürzte Gewährung einer Unterhaltsbeihilfe an Rechtsreferendare für den letzten Ausbildungsmonat, in dem das Ausbildungsverhältnis mit dem Tag des Bestehens des zweiten Juristischen Staatsexamens endet, stellt kein für den Zeitraum nach der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zum Ruhenstatbestand gemäß § 157 Abs 1 SGB III führendes Arbeitsentgelt dar.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 20. Juni 2017 aufgehoben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide der Beklagten vom 1. und 2. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2015 verpflichtet, dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 8. September 2015 bis zum 30. September 2015 in Höhe von kalendertäglich EUR 25,49 zu bewilligen.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
Der 1987 geborene Kläger absolvierte ausweislich der Arbeitsbescheinigung vom 21. September 2015 ab dem 2. September 2013 ein Referendariat im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis zum Land Niedersachen, zugeordnet dem Oberlandesgericht Braunschweig. Das Ausbildungsverhältnis endete gemäß § 10 Abs. 2 Ziffer 1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausbildung der Juristinnen und Juristen (NJAG) mit Bestehen des Zweiten Juristischen Staatsexamens am 7. September 2015.
Am 8. September 2015 meldete sich der Kläger bei der Beklagten persönlich arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg.
Mit ergänzender Arbeitsbescheinigung vom 23. September 2015 bescheinigte die Oberfinanzdirektion Niedersachsen die letztmalige Auszahlung eines „beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelts“ für den Zeitraum vom 1. bis zum 7. September 2015 in Höhe von EUR 260,73 sowie ein „Arbeitsentgelt über das Beschäftigungsverhältnis hinaus“ für die Zeit „bis einschließlich: 30.09.2015 (856,70 €)“.
Mit so bezeichnetem Ruhensbescheid vom 1. Oktober 2015 stellte die Beklagte das Ruhen des Alg-Anspruchs des Klägers für den Zeitraum vom 8. bis zum 30. September 2015 gemäß § 157 SGB III fest. Der Kläger habe vom Arbeitgeber noch bis einschließlich 30. September 2015 Arbeitsentgelt erhalten. Solange ruhe der Anspruch. Während des Ruhens dürfe Alg nicht gezahlt werden.
Mit weiterem Bescheid vom 2. Oktober 2015 bewilligte die Beklagte Alg in Höhe von kalendertäglich EUR 25,49 für den Zeitraum vom 1. Oktober 2015 bis zum 30. September 2016.
Gegen den Ruhensbescheid vom 1. Oktober 2015 legte der Kläger am 6. Oktober 2015 Widerspruch ein. Rechtsreferendare würden mit Bestehen der mündlichen Prüfung mit sofortiger Wirkung aus dem Dienst entlassen, weshalb in Ermangelung eines Arbeitsverhältnisses gar kein Arbeitsentgelt mehr habe gezahlt werden können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach vorliegender Arbeitsbescheinigung der Oberfinanzdirektion Niedersachsen sei für die Zeit bis einschließlich 30. September 2015 Arbeitsentgelt in Höhe von EUR 856,70 gezahlt worden zusätzlich zum bescheinigten Arbeitsentgelt in Höhe von EUR 260,73 für den Zeitraum vom 1. bis zum 7. September 2015. Die Gesamtsumme in Höhe von EUR 1.117,43 entspreche dem seit Juni 2015 erhaltenen monatlichen Arbeitsentgelt.
Hiergegen richtete sich die vom Kläger am 20. Oktober 2015 beim Sozialgericht Lüneburg (SG) erhobene Klage. Der Tatbestand des § 157 SGB III sei nicht erfüllt, weil aufgrund der sofortigen Entlassung am 7. September 2015 für den nachfolgenden Zeitraum kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden habe und daher auch kein Arbeitsentgelt habe gezahlt werden können. Die Bundesagentur für Arbeit sei in der Verwaltungspraxis gebunden und habe sämtliche Rechtsreferendare aus der Arbeitsgemeinschaft des Klägers entsprechend beschieden. In Nordrhein-Westfalen werde bei einer der niedersächsischen Regelung entsprechenden Gehaltszahlung für den Rest-Prüfmonat Alg bewilligt. Dem Kläger sei daher auch für den Zeitraum vom 8. bis zum 30. September 2015 Alg zu bewilligen.
Die Beklagte verwies auf die Arbeitsbescheinigungen und die darin bescheinigte Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 10 Abs. 2 Ziffer 1 NJAG mit dem Bestehen der zweiten Staatsprüfung mit entsprechender Abrechnung des Arbeitsentgelts bis zum 7. September 2015 bei gleichzeitiger Bestätigung des weiteren Anspruchs auf Arbeitsentgelt in Höhe von EUR 856,70 über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus. Ei...