Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziales Entschädigungsrecht. "Dritter" im Sinne des § 35 Abs 2 S 1 BVG. keine Erhöhung der pauschalen Pflegezulage bei Pflegevertrag mit Ehegatten oder Eltern

 

Leitsatz (amtlich)

Eine erhöhte Pflegezulage nach § 35 Abs 2 BVG scheidet aus, wenn der Pflegebedürftige einen Pflegevertrag mit seinem Ehegatten oder einem Elternteil abschließt (entgegen BSG vom 4.2.1998 - B 9 V 28/96 R = SozR 3-3100 § 35 Nr 8).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.06.2018; Aktenzeichen B 9 V 3/17 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 05.07.2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ab Mai 2010 die hälftige pauschale Pflegzulage zu belassen ist.

Der vormalige 5. Senat des Landessozialgerichts für das Saarland (LSG) stellte in dem Verfahren L 5 VJ 10/04 mit Urteil vom 27.05.2008 unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts für das Saarland (SG) vom 14.10.2004 fest, dass das bei dem 1996 geborenen Kläger bestehende zerebrale Anfallsleiden Folge der durch die 1996 verabreichten Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Haemophilus influenza b und gegen Kinderlähmung sei; der Beklagte wurde verurteilt, dem Kläger Versorgungsleistungen nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Mit Ausführungsbescheid vom 30.10.2008 erkannte der Beklagte bei dem Kläger eine “Hirnschädigung mit Krampfanfällen nach Impfung„ als Schädigungsfolge im Sinne der Entstehung gem. § 60 Infektionsschutzgesetz an. Weiter wurde mitgeteilt, dass über den gesamten Versorgungsanspruch ohne weitere medizinische Sachaufklärung noch nicht entschieden werden könne. Da der Kläger aber ein berechtigtes Interesse an einer alsbaldigen Erteilung eines Bescheides habe, ergehe dieser Bescheid gem. § 22 Abs. 4 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOV-VfG) unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der endgültigen Entscheidung, wobei sich der Vorbehalt auf die anzuerkennenden Gesundheitsstörungen, den hierdurch bedingten Grad der Schädigungsfolgen (GdS) gemäß § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und die zustehende Pflegezulage nach § 35 BVG bezog. Zunächst wurde nur eine Grundrente nach einem GdS von 50 und eine Pflegezulage gem. § 35 BVG nach der Stufe I gezahlt.

Mit Bescheid vom 25.03.2010 wurde im Anschluss an den Vorbehaltsbescheid vom 30.10.2008 ab dem 01.02.1998 ein “epileptisches Anfallsleiden durch Hirnschädigung infolge Impfung, Bewegungsstörung„ im Sinne der Entstehung mit einem GdS von 70 sowie die Pflegezulage nach Stufe I gem. § 35 Abs. 1 BVG anerkannt. Mit Wirkung ab dem 01.02.2001 wurde das Schädigungsleiden wie folgt neu gefasst: “Blindheit, epileptisches Anfallsleiden, spastisch-ataktische Halbseitenlähmung rechts mit Unfähigkeit des Gehens und des Stehens, geistige Behinderung mit Verlust jeglicher Bildungsfähigkeit„ im Sinne der Entstehung. Der GdS wurde ab dem 01.02.2001 mit 100 bewertet. Außerdem wurden ab dem 01.02.2001 eine Schwerstbeschädigtenzulage gem. § 31 Abs. 5 BVG nach Stufe VI, Pflegezulage gem. § 35 Abs. 1 BVG nach Stufe V, ein Pauschbetrag nach § 15 BVG nach Bewertungszahl 65 der Verordnung zu § 15 BVG wegen erhöhten Verschleißes an Kleidung und Wäsche sowie eine Führhundzulage gem. § 14 BVG wegen schädigungsbedingter Blindheit anerkannt.

Mit Bescheid vom 24.06.2010 wurden die Voraussetzungen zur Erhöhung der Pflegezulage gem. § 35 Abs. 2 Satz 1 BVG dem Grunde nach anerkannt; weiter wurde anerkannt, dass die schädigungsbedingten Aufwendungen für fremde Wartung und Pflege den Betrag der Pflegezulage nach Stufe V überschritten. Entsprechend einem festgestellten täglichen Pflegeaufwand von 7 Stunden und 12 Minuten wurde ein Erhöhungsbetrag nach § 25 Abs. 2 BVG von 2.591,92 € brutto bewilligt. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass nach dem Rundschreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherung vom 18.12.2002 bei Abschluss von Elternverträgen die Pflegepauschale wegfalle, d.h. sie werde zur Deckung der Pflegekosten verwendet. Der Erhöhungsbetrag mindere sich somit um die Höhe dieser Pflegepauschale gemäß § 35 Abs. 1 BVG.

Nach Vorlage eines zwischen dem Kläger und seiner Mutter abgeschlossenen Pflegedienstleistungsvertrages erhöhte der Beklagte mit Bescheid vom 11.08.2010 die Pflegezulage gem. § 35 Abs. 2 BVG auf 3.500,00 € für Mai und ab Juli 2010 und auf 3.953,00 € für Juni 2010. Nach Abzug der aktuell gezahlten Pflegezulage nach der Stufe V ergaben sich für Mai und ab Juli 2010 Auszahlungsbeträge von jeweils 2.396,00 € und für Juli 2010 ein Auszahlungsbetrag von 2.849,00 €.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass nach § 35 Abs. 2 Satz 2 BVG dem Beschädigten mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage zu belassen sei, wenn er mit einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft lebe. Diese Vorschrift müsse auch in den Fällen gelten, in d...

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