Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeld. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei Entlassung aus stationärer Krankenhaus- oder Rehabilitationsbehandlung ohne Endzeitpunkt umfasst Zeitraum zwischen der Entlassung und dem Eingang bei der Krankenkasse. Versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Nachgehender Leistungsanspruch. Einstweilige Anordnung. Anordnungsgrund. Besondere Eilbedürftigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn ein Arzt einer stationären Einrichtung einem Versicherten bei der Entlassung aus stationärer Krankenhaus- oder Rehabilitationsbehandlung Arbeitsunfähigkeit ohne genaue Angabe des Endzeitpunkts bescheinigt und diese Bescheinigung der Krankenkasse übersendet, ist davon auszugehen, dass die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit jedenfalls den Zeitraum zwischen der Entlassung und dem Eingang bei der Krankenkasse umfassen soll.

 

Normenkette

SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1 S. 1, § 46 S. 1, § 19 Abs. 2, § 192 Abs. 1 Nr. 2; SGG § 86b Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 17. November 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 17. November 2014 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat es im Ergebnis rechtsfehlerfrei abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zur Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum seit dem 20. Oktober 2014 zu verpflichten, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

1.) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn - abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung - Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestands für Krankengeld vorliegt.

a) Nach den dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin endete das Beschäftigungsverhältnis des Antragstellers durch die arbeitgeberseitige Kündigung am 31. Mai 2014. Bereits seit 24. April 2014 bis zum 04. Juni 2014 befand sich der Antragsteller in stationärer Behandlung, anschließend vom 04. Juni 2014 bis zum Samstag, den 26. Juli 2014, führte er eine stationäre Anschlussrehabilitation durch, aus der er nach den Feststellungen der behandelnden Ärzte arbeitsunfähig entlassen wurde. Für den Zeitraum vom 24. April 2014 bis zum 28. April 2014 und vom 01. Juni 2014 bis zum 03. Juni 2014 erhielt der Antragsteller Krankengeld, das im Übrigen wegen der Entgeltfortzahlung durch seinen früheren Arbeitgeber in der Zeit vom 01. Mai 2014 bis zum 31. Mai 2014 gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und wegen der Zahlung von Übergangsgeld in der Zeit vom 04. Juni 2014 bis zum 26. Juli 2014 gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V ruhte.

b) Die hier durch die Beschäftigtenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V für den Antragsteller begründete Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger konnte wegen der Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses am 31. Mai 2014 danach nur unter den Voraussetzungen des § 192 SGB V fortbestehen. Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder der Antragsteller Krankengeld bezogen hat. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V verweist damit wieder auf die Vorschriften über den Krankengeld-Anspruch, die ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld vorliegt. Um diesen Anforderungen zu genügen, reicht es aus, dass Versicherte am letzten Tage des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld - hier des Beschäftigungsverhältnisses - alle Voraussetzungen erfüllen, um spätestens mit Beendigung dieses Tages - und damit zugleich mit Beginn des nächsten Tages - einen Krankengeldanspruch entstehen zu lassen. Das folgt aus Entwicklungsgeschichte, Regelungssystem und -zweck, ohne dass der Wortlaut der Normen einer solchen Auslegung entgegensteht. Die Aufrechterhaltung der Beschäftigtenversicherung setzt insoweit nur eine Nahtlosigkeit von Beschäftigung und Entstehung des Rechts auf die Sozialleistung voraus, also die Entstehung des Anspruchs auf die Sozialleistung in unmittelbarem zeitlichen Anschluss an das Ende des Beschäftigungsverhältnisses (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014, B 1 KR 25/14 R, juris).

2.) Nach § 46 Satz 1 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, § 24, § 40 Abs. 2 und § 41 SGB V) von ihrem Beginn an (Nr. 1), im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Wird Krankengeld - wie hier - wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähi...

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