Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung. Hilfe zum Besuch eines Gymnasiums. Notebook nebst Zubehör für eine blinde Schülerin
Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruch einer blinden Gymnasiastin auf Übernahme der Kosten für ein für den Schulbesuch bestimmtes Notebook (Laptop) nebst Zubehör als Hilfe zur angemessenen Schulbildung.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. November 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird:
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 23. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Mai 2014 verurteilt, der Klägerin die Kosten für das Notebook nebst Zubehör und Zusatzleistungen gemäß der Rechnung der H-T. GmbH vom 2. April 2014 in Höhe von 1.248,00 Euro zu erstatten.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für ein Notebook (Laptop) nebst Zubehör und Zusatzleistungen in Hohe von insgesamt 1.248,00 Euro.
Die 1996 geborene Klägerin ist auf Grund fehlender Augenanlage von Geburt an blind. Vom Schuljahr 2003/2004 bis zum Schuljahr 2007/2008 besuchte sie teilstationär die Grundschule für sehbehinderte und blinde Menschen der Stiftung N. in S.. Danach wechselte sie an das G.-Gymnasium in L., wo sie seit September 2008 - unterstützt durch eine vom Beklagten im Rahmen der Eingliederungshilfe finanzierte Schulassistenz - inklusiv beschult wurde. Die von der Klägerin sowohl bei der beigeladenen Krankenkasse, der .. BKK, als auch bei dem Beklagten beantragte Übernahme der Kosten der schulischen Ausstattung mit einem Notebook nebst Zubehör war zunächst erfolglos geblieben (Bescheid des Beklagten vom 25. September 2008, Widerspruchsbescheid vom 19. März 2009; klageabweisender Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn [SG] vom 30. August 2010 - S 10 SO 1382/09 -). Das anschließende Berufungsverfahren beim Landessozialgericht - LSG - Baden Württemberg (L 7 SO 4650/10) erledigte sich schließlich im Januar 2012 durch ein von der Klägerin angenommenes Anerkenntnis der Beigeladenen, die sich auf richterlichen Hinweis bereit erklärte, die Kosten für das für den Schulbesuch am Gymnasium bereits in der Vergangenheit angeschaffte Notebook (1.190,00 Euro) zu übernehmen.
Am 4. Oktober 2013 beantragte die Klägerin, die seinerzeit die 10. Klasse des G.-Gymnasiums besuchte, bei der Beigeladenen, bei der sie krankenversichert ist, zur Erneuerung der blindengerechten schulischen Ausstattung die Versorgung mit einem Notebook nebst Zubehör und Zusatzleistungen. Zu dem Antrag legte sie einen Kostenvoranschlag der H.T. GmbH vom 25. September 2013 über insgesamt 2.348,00 Euro (einschl. 19% MwSt.) vor, der neben dem angebotenen Notebook (798,33 Euro netto) außerdem die Kosten für ein Update der Braille-, Sprachausgabe- und Texterkennungssoftware, für ein externes USB DVD-Laufwerk (40,34 Euro netto), für eine Garantieverlängerung auf 36 Monate (inkl. Blitzreparaturservice und Pickup-/Return-Service; insges. 84,03 Euro netto) sowie für eine Notebook-Installation und -Konfiguration (2,5 Stunden; insges. 126,05 Euro netto) zum Inhalt hatte. Dem Antrag beigefügt war ferner eine Stellungnahme der Sonderschullehrerin K. vom sonderpädagogischen Dienst der N. vom 30. September 2013, die darin darlegte, dass die Klägerin ohne ein Notebook nicht aktiv am Unterricht teilnehmen könne. Im Gegensatz zu sehenden Mitschülern könne die Klägerin keine Schulbücher, Arbeitsblätter oder Hefte nutzen; diese Medien würden in digitale Dokumente umgewandelt, die sie am Notebook mit einer Hilfssoftware lesen und bearbeiten könne. Das bisherige Gerät sei nicht mehr zuverlässig und kompatibel zu den aktuellen Versionen der Hilfssoftware, sodass eine Erneuerung des Notebooks zwingend notwendig sei.
Den vorstehenden Antrag leitete die Beigeladene am 15. Oktober 2013 unter Verweis auf § 14 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) an den Beklagten weiter. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass eine Kostenübernahme über die Sozialhilfe einkommens- und vermögensabhängig sei, und bat u.a. um Nachweise zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Familie. Darauf teilte der Vater der seinerzeit noch minderjährigen Klägerin mit, das Notebook diene schulischen Zwecken, weshalb die Leistungsgewährung unabhängig von Einkommen oder Vermögen zu erfolgen habe. Deshalb komme es nicht darauf an, dass die sozialhilferechtlichen Einkommens- und Vermögensgrenzen in ihrem Fall überschritten seien. Auf Anforderung des Beklagten legte die Sonderschullehrerin K. eine ergänzende Stellungnahme vom 26. November 2013 vor, in der sie auch die Notwendigkeit der Erneuerung der Hilfsmittelsoftware begründete.
Die Beigeladene erklärte sich darauf dem Beklagten gegenüber mit Schreiben vom 20. Januar 2014 ...