Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachzahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Erstattungsanspruch des Trägers der Sozialhilfe bzw Grundsicherung. Rentenversicherungsträger. Erfüllungsfiktion
Leitsatz (amtlich)
Die Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander sind in den §§ 102ff SGB 10 umfassend und abschließend geregelt. Ein Leistungsempfänger kann einen (vermeintlichen) Anspruch gegen den Träger der Rentenversicherung auf eine Nachzahlung (hier: Rente wegen voller Erwerbsminderung) nicht gegenüber dem vorleistenden Träger der Sozialhilfe bzw Grundsicherung mit der Begründung geltend machen, er habe von diesem weniger erhalten, als dieser sich vom Träger der Rentenversicherung gemäß § 104 Abs 1 SGB 10 habe erstatten lassen. Er ist vielmehr - im Hinblick auf die Regelung des § 107 Abs 1 SGB 10 (Erfüllungsfiktion) - darauf zu verweisen, den Nachzahlungsanspruch gegen den Träger der Rentenversicherung geltend zu machen.
Orientierungssatz
Vergleiche BVerwG vom 18.10.1990 - 5 C 51/86 = BVerwGE 87, 31.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 8. März 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, eine von der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (LVA) an diesen erstattete Rentennachzahlung in Höhe von jetzt noch 10.500,00 Euro an den Kläger auszuzahlen.
Der am ... 1966 geborene Kläger, der seit 7. April 2003 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 (zuvor ab Januar 1996 GdB von 60) anerkannt ist, bezog vom Beklagten seit 1994 Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) sowie einmaliger Beihilfen. Im November 2003 wurde dem Kläger vom Beklagten rückwirkend ab 1. Januar 2003 Grundsicherung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) nach einem monatlichen Bedarf von 689,63 Euro bewilligt, wobei von diesem Betrag der zusätzlich ab Januar 2003 in Höhe von monatlich 113,00 Euro vom Beklagten gezahlte besondere Mietzuschuss nach §§ 31 ff. des Wohngeldgesetzes - WoGG - (in der Fassung der Bekanntmachung des vom 23. Januar 2002 ≪BGBl. I S. 474≫ ≪i.F. WoGG a.F.≫) in Abzug gebracht wurde; darüber hinaus erhielt der Kläger (zuletzt im September 2004) erneut einmalige Beihilfen. Zunächst ab 1. Dezember 2003 bis 31. Dezember 2004 gewährte die Wohngeldstelle der Stadt M. außerdem Wohngeld (zunächst monatlich 98,00 Euro), wobei sie dem Beklagten mit Blick auf die erst Ende Januar 2004 erfolgte Bewilligungsentscheidung Erstattung für den Zeitraum von Dezember 2003 bis Februar 2004 in Höhe von insgesamt 294,00 Euro leistete. Ab 1. Januar 2005 bewilligte der Beklagte Grundsicherung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII - (Zahlbetrag seinerzeit 696,15 Euro).
Bereits im Februar 2002 hatte der Beklagte für den Kläger bei der LVA eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragt. Im Rentenverfahren wurde der Antrag abgelehnt, weil beim Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine derartige Rentenart nicht gegeben seien (Bescheid der LVA vom 15. August 2002, Widerspruchsbescheid vom 8. April 2003). Mit seiner Klage hatte der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Mannheim insoweit Erfolg, als die LVA unter Aufhebung der angefochtenen zur Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2002 verurteilt wurde (Urteil vom 5. Juli 2004 - S 10 RJ 1510/03 -). Die Berufungen beider dortigen Beteiligten zum Landessozialgericht (LSG) blieben erfolglos (Urteil vom 25. Januar 2005 - L 9 RJ 2670/04 - ≪rechtskräftig≫).
Das Urteil des LSG vom 25. Januar 2005 wurde von der LVA mit Bescheid vom 15. März 2005 ausgeführt; die laufende Rentenzahlung erfolgte laufend ab 1. Mai 2005 (monatlicher Zahlbetrag 743,97 Euro). Für den Zeitraum vom 1. Februar 2002 an errechnete die LVA eine Nachzahlung von 29.119,07 Euro, die zur Klärung von Erstattungsansprüchen anderer Stellen einstweilen einbehalten wurde. Mit Schreiben vom 29. März 2005 bezifferte der Beklagte seinen Erstattungsanspruch mit 22.146,96 Euro. Diesen Betrag kürzte die LVA um 9,58 Euro wegen einer außerhalb des Nachzahlungszeitraums gewährten Beihilfe (Müllgebühren für Januar 2002) und überwies an den Beklagten 22.137,35 Euro. Der Restbetrag von 6.981,72 Euro (zuzügl. Zinsen von 310,42 Euro) wurde von der LVA an den Kläger ausgezahlt. Die Stadt M. wiederum forderte vom Beklagten unter dem 25. April 2005 aufgrund Aufhebung der Wohngeldbewilligungen ab 1. Dezember 2003 (wegen des Renteneinkommens des Klägers) den erstatteten Betrag von 294,00 Euro zurück. In der Folgezeit machte der Kläger wiederholt - auch gerichtlich - “Schadensersatzansprüche„ u.a. gegen den Beklagten geltend, weil ihm nach seiner Auffassung eine Rente bereits zu einem früheren Zeitpunkt zugestanden hätte.
Am 17. Januar 2006 hat der Kläger Klage zum SG Mannheim er...