Entscheidungsstichwort (Thema)

Entstehung einer Termingebühr für Unterbreitung eines Vergleichsangebots nach Einlegung der Berufung

 

Leitsatz (amtlich)

Unterbreitet der Prozessbevollmächtigte der erstinstanzlich unterlegenen Partei, nachdem er bereits Berufung eingelegt hat, dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der obsiegenden Partei telefonisch ein Vergleichsangebot, das dieser entgegennimmt, intern wertend mit seinem Mandanten bespricht und sodann wiederum telefonisch gegenüber dem gegnerischen Anwalt ablehnt, so entsteht dadurch eine 1,2 Termingebühr gemäß Nr. 3202 VV RVG. Es spielt dabei keine Rolle, dass der Anwalt der erstinstanzlich obsiegenden Partei sich erst nach den Telefonaten bei Gericht für das Berufungsverfahren bestellt und das Berufungsverfahren später durch Berufungsrücknahme endet.

 

Normenkette

ZPO § 103; RVG-VV Nr. 3202

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 25.01.2018; Aktenzeichen 20 Ca 8020/16)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 25.01.2018 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien führten vor dem Arbeitsgericht Köln einen Kündigungsschutzprozess. Am 21.08.2017 verkündete das Arbeitsgericht ein der Kündigungsschutzklage stattgebendes Urteil und legte der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auf. Das Urteil wurde der Beklagten am 15.09.2017 zugestellt. Am 12.10.2017 ging die Berufung der Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil beim Landesarbeitsgericht ein. Am 13.10.2017 oder 16.10.2017 nahm der Prozessbevollmächtigte der Beklagten telefonisch Kontakt mit dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers auf, unterbreitete diesem einen konkreten, bezifferten Vergleichsvorschlag und teilte zugleich mit, dass er gegen das arbeitsgerichtliche Urteil bereits Berufung eingelegt habe. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers informierte seinen Mandanten schriftsätzlich über das Vergleichsangebot, teilte dabei auch seinen Eindruck aus dem Telefonat mit, wonach sich die angebotene Abfindungssumme vielleicht noch werde aufstocken lassen, und bat den Kläger um Rückmeldung, ob er "an einer Weiterverhandlung dieses Themas" interessiert sei oder nicht. Der Kläger persönlich lehnte das gegnerische Vergleichsangebot seinem Anwalt gegenüber ab. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte diese Ablehnung dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter dem 17.10.2017 mit.

Am 27.10.2017 wurde die Berufungsschrift dem Klägervertreter zugestellt. Am 03.11.2017 ging der Bestellungsschriftsatz des Klägervertreters für die Berufungsinstanz beim Landesarbeitsgericht ein. Am letzten Tag der bereits verlängerten Berufungsbegründungsfrist, dem 15.12.2017, nahm die Beklagte die Berufung zurück. Mit Beschluss vom 18.12.2017 legte das Landesarbeitsgericht die Kosten der Berufungsinstanz der Beklagten auf. Am 29.12.2017 stellte der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Kostenfestsetzungsantrag, in dem er auch eine 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3202 VV RVG in Höhe von 547,20 € geltend machte. Mit Beschluss vom 25.01.2018 setzte die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts Köln die Kosten, wie beantragt, fest.

Gegen den am 31.01.2018 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Beklagte am 14.02.2018 Beschwerde eingelegt. Mit der Beschwerde wendet sich die Beklagte nur gegen die Festsetzung der 1,2 Terminsgebühr in Höhe von 547,20 €. Mit Beschluss vom 18.05.2018 lehnte die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts die Abhilfe ab und legte die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht vor.

II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts Köln vom 25.01.2018 ist in der Sache unbegründet. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers steht die beantragte 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3202 VV RVG zu.

Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 der Anlage 1 RVG entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Die Gebühr für außergerichtliche Termine und Besprechungen entsteht insbesondere für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind, Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll mit der Anerkennung der Terminsgebühr das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich die außergerichtliche Streitbeilegung - auch zur Entlastung der Gerichte - gefördert werden. Dieser Zielsetzung widerspräche es, wenn der Anwalt dazu veranlasst würde, entweder einen gerichtlichen Termin anzustreben, um damit eine Festsetzung der Terminsgebühr gemäß §§ 103 ff. ZPO sicherzustellen, oder ein eigenes gerichtliches Verfahren über seinen materiellrechtlichen Erstattungsanspruch durchzuführen (BGH vom 27.02....

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