Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrags. Ermessen
Leitsatz (amtlich)
Ein Arbeitgeber kann den Antrag einer Arbeitnehmerin im Alter zwischen 55 und 60 Jahren auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrags für die Dauer von 6 Jahren und 8 Monaten gemäß § 2 des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) ablehnen mit der Begründung, da die Stelle voraussichtlich nicht wieder besetzt und die Förderungshöchstdauer des § 2 Abs. 3 S. 2 AltTZG überschritten werde, entstünden ihm erhebliche finanzielle Nachteile, zumal weitere Anträge zu erwarten seien, die unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung positiv zu verbescheiden seien.
Normenkette
AltTZG § 2 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 24.03.2010; Aktenzeichen 2 Ca 358/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 24.03.2010, Az. 2 Ca 358/09, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags. Die am 0.0.1953 geborene Klägerin ist bei der beklagten Kirchengemeinde seit 01.01.1973 als Kindergärtnerin vollzeitbeschäftigt, zuletzt zu einem Bruttomonatsverdienst von EUR 3.501,04. Nach § 2 des Arbeitsvertrags zwischen den Parteien ist der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in der für den Bund und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder geltenden Fassung Bestandteil des Arbeitsvertrages. Die Beklagte selbst geht davon aus, dass auf das Arbeitsverhältnis auch der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 kraft Organisationszugehörigkeit und arbeitsvertraglicher Vereinbarung anzuwenden ist.
Mit Schreiben vom 20.06.2009 beantragte die Klägerin den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages mit einer Gesamtlaufzeit von 6 Jahren und 8 Monaten für den Zeitraum 01.12.2009 bis 31.07.2016 mit einer Arbeitsphase bis 31.03.2013 und der nachfolgenden Freistellungsphase. Mit Schreiben vom 30.09.2009 lehnte die beklagte Kirchengemeinde den Abschluss des begehrten Altersteilzeitvertrages ab.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe bei ihrer Ermessensentscheidung nach § 9 Abs. 2 TV ATZ fehlerhaft gehandelt. Während die Klägerin auf die körperlich besonders anspruchsvolle Arbeit im Kindergarten hingewiesen habe, sei der Verweis der Beklagten auf finanzielle Mehrbelastungen unschlüssig, weil nach eigenen Berechnungen der Diözese R. im Blockmodell sogar eine Kostenersparnis für die Arbeitgeberin eintrete.
Die Klägerin hat beantragt:
- Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot der Klägerin zum Abschluss eines Altersteilzeitvertrages nach den Bestimmungen des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeit für Bund, Länder und Gemeinden vom 05.05.1998 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 2 vom 30.06.2000 für den Zeitraum vom 01.12.2009 bis 31.07.2016 im Blockmodell anzunehmen, wobei die Beschäftigungsphase die Zeit vom 01.12.2009 bis 31.03.2013 und die Freistellungsphase die Zeit vom 01.04.2013 bis 31.07.2016 umfasst.
- Der Beklagten werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Die Beklagte hat
Klagabweisung
beantragt.
Sie hat es abgelehnt, den durch das Altersteilzeitarbeitsverhältnis entstehenden finanziellen Mehraufwand aufzubringen, der derzeit noch nicht absehbar sei, weil niemand wissen könne, zu welchen finanziellen Bedingungen die nach dem Antrag der Klägerin am 01.04.2013 freiwerdende Stelle wieder besetzt werden könne. Außerdem gehe die von der Klägerin gewünschte Vertragslaufzeit von 6 Jahren und 8 Monaten über die Zeit hinaus, die nach § 4 Abs. 1 ATZ förderungsfähig sei. Da die beklagte Gemeinde mit Ausnahme der Elternbeiträge für den Kindergarten keine eigenen Mittel habe, sei sie von der Stadt T. und der Diözese R. finanziell abhängig. Beide hätten der beantragten Altersteilzeit der Klägerin nicht zugestimmt. Deshalb sei es der Beklagten aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich, der Klägerin die gewünschte Altersteilzeit zu bewilligen. Dementsprechend folge die Beklagte der Empfehlung der Diözese und der Stadt, keine Zustimmung mehr zum Abschluss von Altersteilzeitverträgen zu erteilen, wenn der beantragende Mitarbeiter, wie im Falle der Klägerin, erst nach dem 31.12.2009 das 59. Lebensjahr vollendet habe und somit aufgrund der 6-jährigen Begrenzung der Gesamtdauer der Altersteilzeit diese auch erst nach diesem Zeitpunkt antreten könne.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Parteienvorbringens erster Instanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Klägerin erfülle zwar die persönlichen Voraussetzungen auf einen gleitenden Übergang in den Ruhestand, habe aufgrund ihres Alters jedoch lediglich Anspruch auf eine Entscheidung über ihren Antrag nach billigem Ermessen. Die beklagte Kirchengemeinde habe ihr Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt, denn sie habe ...