Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 19 O 135/17)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26. Juni 2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der Zivilkammer 19 des Landgerichts Berlin - 19 O 135/17 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 24. Juli 2018 unter Zurückweisung der Berufung des Klägers sowie der weitergehenden Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 14.070,70 EUR in der Hauptsache erledigt ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.961,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. Oktober 2017 und weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 21.022,03 EUR vom 22. Juni 2017 bis zum 11. Oktober 2017 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 485,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Juni 2017 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben der Kläger 58% und die Beklagte 42% zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Beklagte ist Herstellerin des Fahrzeuges mit der Fahrzeugidentifikationsnummer WVGZZZ17ZBW03B3855 vom Typ VW-Touran, Highline 2,0 I TDI (103 KW/140 PS), das mit einem Dieselmotor aus der Baureihe EA 189 ausgestattet ist. Für den Fahrzeugtyp wurde eine Typengenehmigung nach der nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 für die Emissionsklasse 5 und eine entsprechende Betriebserlaubnis erteilt.

Der Kläger erwarb dieses Fahrzeug mit Vertrag vom 10. Januar 2011 bei der Autohaus Klaus Markwardt GmbH zum Preis von 34.275,05 EUR (Anlage K 1). Darüber hinaus schloss er - nach seiner Darstellung - mit der Volkswagen Bank einen Vertrag über die Finanzierung des Gesamtkaufpreises ab (Anlage K 4).

Der Motor des Fahrzeuges ist werkseitig mit einer Steuerungssoftware ausgestattet, die zu einer Veränderung der Stickoxid-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren beiträgt und bewirkt, dass auf dem Prüfstand geringere Stickoxid-Werte als im Normalbetrieb ausgestoßen werden.

Die im Zusammenhang mit dem Motor verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. So werden mehr Stickoxide in den Motor zurückgeführt, wo sie erneut am weiteren Verbrennungsvorgang beteiligt werden, bevor sie das Emissionskontrollsystem erreichen. Im normalen Fährbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungs-Modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxid-Ausstoß höher ist.

Im September 2015 räumte die Beklagte öffentlich die Verwendung einer entsprechenden Software ein. Unter dem 15. Oktober 2015 ordnete das Kraftfahrtbundesamt (KBA) den Rückruf von mit dieser Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Fahrzeugen an und forderte die Beklagte dazu auf, die entsprechende Software aus allen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA 189 mit 2,0-Liter-Hubraum zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftmäßigkeit der Fahrzeuge zu ergreifen.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2016 gab das KBA das für den vom Kläger erworbenen Fahrzeugtyp entwickelte Software-Update frei. Nach dessen Installation sollen die betroffenen Fahrzeuge nur noch in einem adaptierten Modus 1 betrieben werden.

Der Kläger machte von der ihm von der Beklagten ab Oktober 2016 mehrfach angebotenen Möglichkeit, das Software-Update kostenfrei bei einem Service-Partner der Beklagten aufspielen zu lassen, keinen Gebrauch.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die Beklagte habe sich durch Verwendung der vom KBA als unzulässig beanstandeten Motorsteuerungssoftware die Erteilung der EG-Typengenehmigung erschlichen. Tatsächlich hätten Fahrzeuge, deren Motoren mit der die Abgasrückführung beeinflussenden Steuerungssoftware ausgestattet gewesen seien, den gesetzlichen Vorschriften insbesondere in Bezug auf die einzuhaltenden Abgaswerte nicht entsprochen und hätten diese mangels gültiger Betriebserlaubnis auch nicht im Straßenverkehr bewegt werden dürfen. Die Beklagte habe den Kläger bereits dadurch, dass sie das mit der unzulässigen Motorsteuerungssoftware ausgestattete und von ihm erworbene Fahrzeug in Verkehr gebracht habe, über die - tatsächlich nicht gegebene - Zulassungsfähigkeit des Fahrzeuges hinweggetäuscht, w...

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