Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 04.04.2003; Aktenzeichen 19 O 474/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4. April 2003 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 19 O 474/02 – geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.

 

Tatbestand

I.

Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Das Landgericht hat der auf Erstattung bezahlter Provisionen gerichteten Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 23.109,15 EUR nebst Zinsen verurteilt. Die Beklagte rügt, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass ein Fall der provisionsschädlichen Verflechtung vorgelegen habe. Unabhängig davon habe der Geschäftsführer der Klägerin gewusst, dass die Beklagte die Verwalterin des Sondereigentums gewesen sei.

Die Beklagte beantragt:

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. März 2003 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der angefochtenen Entscheidung bei.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung bezahlter Provisionen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht zu. Der Fall einer provisionsschädlichen „unechten” Verflechtung zwischen der Beklagten und einem der Verkäufer der von ihr zum Kauf nachgewiesenen Eigentumswohnungen liegt nicht vor.

Dem Makler steht ein Provisionsanspruch aus § 652 Abs. 1 BGB nicht zu, wenn er sich in einem institutionalisierten Interessenkonflikt befindet, der ihn zur sachgerechten Wahrung der Interessen seines Auftraggebers ungeeignet erscheinen lässt. Denn derjenige kann nicht Makler sein, der zum Vertragsgegner seines Kunden in einer solchen Beziehung steht, dass er sich im Falle eines Streits bei regelmäßigem Verlauf auf die Seite des Vertragsgegners stellen wird. Die Interessenbindung auf Seiten des als Makler Auftretenden muss dabei so institutionalisiert sein, dass sie ihn – unabhängig von seinem Verhalten im Einzelfall – als ungeeignet für eine dem gesetzlichen Leitbild entsprechende Tätigkeit erscheinen lässt (BGH NJW-RR 1998, 992; BGH NJW 1987, 1008).

Entgegen der Ansicht des Landgerichts liegt ein Fall unechter Verflechtung aufgrund eines institutionalisierten Interessenkonfliktes bei einem Makler, der zugleich Sondereigentumsverwalter des Verkäufers ist, ohne weitere Anhaltspunkte nicht vor (OLG Dresden, AIZ A 145 Blatt 54; OLG Frankfurt, AIZ A 145 Blatt 40; Hans. OLG Hamburg, AIZ A 141 Blatt 9; LG Hannover, AIZ A 145 Blatt 39).

Der Makler erhält als Hausverwalter eine Dienstleistungsvergütung. Damit wächst er in keine wirtschaftliche und schon gar nicht in eine rechtliche Beteiligung auf der Anbieterseite hinein (Schwerdtner, Maklerrecht, 4. Aufl., RNr. 664 m.w.N.). Dass die Beklagte aufgrund des Umfangs ihrer Tätigkeit für einen der Verkäufer der Wohnungen von diesem wirtschaftlich so abhängig war, dass sie die Interessen der Klägerin nicht gehörig wahrnahm oder wahrnehmen konnte, trägt die Klägerin nicht vor.

Die dem gesetzlichen Leitbild entsprechende Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Beklagten war auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie mit den Verkäufern aufgrund von Verwaltungsverträgen in einer vertraglichen Beziehung stand. Der Umstand, dass ein Makler selbst teilweise Vermieteraufgaben im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit wahrnimmt, kann – sofern ein Provisionsanspruch nicht ohnehin nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 WoVermG ausgeschlossen ist – zwar dazu führen, dass er nicht gleichzeitig als vom Vermieter unabhängiger Makler des Mietobjektes auftreten kann. Sie lässt sich jedoch nicht auf einen Fall übertragen, in dem es um den Verkauf des Objekts geht, in dessen Rahmen dem Makler – wie hier – keine Vollmachten oder Mitspracherechte eingeräumt worden sind. Von einer Verflechtung oder mangelnder Unabhängigkeit des Maklers in seinen Entscheidungen gegenüber den Kaufvertragsparteien oder umgekehrt kann in bezug auf dieses Rechtsgeschäft keine Rede sein (OLG Frankfurt, AIZ A 145 Blatt 40).

Dass die Beklagte als abschlussberechtigte Vertreterin der Verkäufer aufgetreten sei, behauptet die Klägerin nicht. Sie trägt auch nicht vor, dass und ggf. welche Mitspracherechte die Beklagte beim Abschluss der Kaufverträge wahrgenommen habe (vgl. BGHZ 112, 240, 242: Makler als Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage, von dessen Zustimmung die Gültigkeit eines Wohnungsverkaufs abhängt).

Die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 WoVermG ist auf den Nachweis einer Kaufgelegenheit weder direkt, noch entsprec...

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