Normenkette

§ 67 Abs. 1 VVG

 

Kommentar

Reguliert der Gebäudeversicherer aufgrund eines von einer Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossenen Gebäudeversicherungsvertrags den Schaden, den ein einzelner Wohnungseigentümer leicht fahrlässig an fremdem Sonder- und Miteigentum verursacht hat, so kann er gegen den schädigenden Wohnungseigentümer nicht nach § 67 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) Rückgriff nehmen.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Köln, Urteil vom 23.06.1999, 11 U 251/98= ZMR 12/1999, 851)

zu Gruppe 9:  Finanzierung und Versicherung

Anmerkung:

Das OLG Köln hatte ein typisches Verhalten eines Versicherers zu beurteilen. Die beklagte Wohnungseigentümerin wurde von einem Wohngebäudeversicherer nach § 67 Abs. 1 VVG in Regress genommen. Bei dem Versicherer bestand eine Wohngebäudeversicherung, deren Versicherungsnehmerin die Eigentümergemeinschaft war. Nach einem Wasseraustritt in der Wohnung der Beklagten kam es zu einem Schaden im Bereich des Gemeinschaftseigentums, des Sondereigentums der Beklagten und auch fremden Sondereigentums. Die Ansprüche des Versicherers (in einer Höhe von ca. DM 20.000,-) bezogen sich auf die von ihm regulierten Schäden am Sondereigentum anderer Miteigentümer und (so der Tatbestand der OLG-Entscheidung) "an den Miteigentumsanteilen der anderen Wohnungseigentümer". Die Beklagte hätte, so die Auffassung des klagenden Versicherers, den Schaden leicht fahrlässig verursacht und - weil die Beklagte hinsichtlich der Fremdschäden "Dritte" im Sinne des § 67 Abs. 1 VVG sei - könne sie in Regress genommen werden.

Das LG Bonn hat mit Urteil vom 06.10.1998 ( LG Bonn, vom 06.10.1998, 10 O 195/98) die Klage abgewiesen. Auch die Berufung beim OLG Köln hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des OLG lagen die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 VVG hier nicht vor, weil die Beklagte als Wohnungseigentümerin nicht "Dritte"im Sinne der vorgenannten Bestimmung gewesen sei. Auch sie sei Versicherungsnehmerin und zudem habe auch sie das Interesse versichert, wegen dessen Ersatz der Versicherer hier Rückgriff nehmen wollte.

Der Entscheidung des OLG Köln kann nur in vollem Umfange zugestimmt werden. Der Senat weist richtigerweise darauf hin, dass die Beklagte nicht "Dritte", sondern Versicherungsnehmerin des von der Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt für das Objekt abgeschlossenen Wohngebäudeversicherung ist. Das OLG Hamm ( OLG Hamm, Urteil vom 03.03.1995, 20 U 335/94= NJW-RR 1995, 1419 = Versicherungsrecht 96, 1234) hat seinerzeit einen Miteigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht als Mit-Versicherungsnehmer, sondern als "Mitversicherten" angesehen und ihm deshalb die Berechtigung zur alleinigen Anspruchsverfolgung abgesprochen. Wir hatten in der Besprechung zu diesem Urteil schon darauf hingewiesen, dass diese Begründung grob fehlerhaft ist und - zugegeben: ein wenig ironisch - die Frage gestellt, wo denn der Versicherungsnehmer geblieben sein könnte, wenn alle Wohnungseigentümer nicht Mit-Versicherungsnehmer, sondern nur Mitversicherte sein sollten. Erfreulich ist deshalb, dass das OLG Köln jetzt die richtige vertragsrechtliche Lage deutlich gemacht hat. Ein Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft, für die ein Vertrag zur Versicherung des Gebäudes als Ganzes mit seinen wesentlichen und einfachen Bestandteilen (vgl. ETW Gruppe 9/II, unter 2.) abgeschlossen worden ist, erlangt durch den Abschluss die Stellung eines Mit-Versicherungsnehmers. Wichtige Voraussetzung ist lediglich - hierauf hatten wir schon mehrfach hingewiesen (vgl. Gruppe 9/II, unter 1.2.1.3) -, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft tatsächlich als Versicherungsnehmerin im Versicherungsvertrag ausgewiesen ist.

Nicht ganz nachvollziehbar ist, wie der Versicherer im vorliegenden Fall darauf kommen kann, die beklagte Wohnungseigentümerin sei "Dritte" im Sinne des § 67 VVG; diese Bestimmung lautet (auszugsweise: "Steht dem Versicherungsnehmer ein Anspruch auf Ersatz des Schadens gegen einen Dritten zu, so geht der Anspruch auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt"). Wenn man erkannt hat, dass der Wohnungseigentümer Mit- Versicherungsnehmer ist, so kann die zitierte Bestimmung keine Grundlage für den Anspruchsübergang auf den Versicherer darstellen. Die Begriffe "Versicherungsnehmer" und "Dritter" überschneiden sich nicht, sondern schließen sich gegenseitig aus. Wer Versicherungsnehmer ist, kann nicht Dritter sein. "Dritter" im Sinne des VVG ist jemand, der außerhalb des Versicherungsvertragsverhältnisses steht, also weder Versicherungsnehmer noch Mitversicherter ist. "Dritter" wäre z.B. der Mieter des Wohnungseigentümers (vgl. hierzu BGH, vom 13.12.1995, VIII ZR 41/95, BGHZ 131, 288 = ZMR 96, 184 = NJW 96, 715 = WE 96, 231 = Versicherungsrecht 96, 320; vgl. auch Gruppe 9/II unter 2.1.2.3). Dabei kann es auch keine Rolle spielen, dass von der Wohnungseigentümergemeinschaft "fremdes Interesse" (also das fremde Sondereigentum) versichert wird (vgl. Gruppe 9/II unter 2.1.1).

Zu Recht we...

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