Neues Instrument der Vermögensermittlung

In der FoVo 2013, 61 (April-Heft) haben wir über die Vermögensauskunft Dritter als ein neues Instrument der Informationsbeschaffung für den Gläubiger berichtet und ihre Voraussetzungen und besonderen Vorteile dargestellt. Im Reigen der Regelbefugnisse nach § 802a ZPO muss der Gläubiger je nach der Sachlage im Einzelfall dieses Instrumentarium gegen die Beantragung einer Vermögensauskunft nach § 802c oder § 802d ZPO abwägen. Die nachfolgenden Ausführungen beleuchten als zweiter Teil der Beitragsserie die Auskunft des Rententrägers näher und zeigen deren Vor- und Nachteile auf.

Arbeitgeber ermitteln

Der GV darf zunächst bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung den Namen, die Vornamen oder die Firma sowie die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben. Er kann sich dazu an jeden beliebigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung wenden und muss nicht den tatsächlich für den Schuldner zuständigen Träger der Rentenversicherung ermitteln (BT-Drucks 16/13432, S. 44). Ziel ist die Ermittlung des Arbeitsgebers, um dort eine Lohnpfändung auszubringen.

 

Hinweis

Wird eine Lohnpfändung ausgebracht, muss der Gläubiger im weiteren Verfahren seine Auskunftsrechte gegenüber dem Drittschuldner nach § 840 ZPO sowie den mitgepfändeten Nebenrechten ebenso nutzen wie seine Auskunfts- und Herausgabeansprüche gegenüber dem Schuldner nach § 836 Abs. 3 ZPO. Auf diese Weise kann der Gläubiger die Lohnabrechnung – in der Regel vom Drittschuldner (BGH FoVo 2013, 56) – erlangen, die er dann auf weitergehende Zugriffsquellen prüfen muss.

 

Checkliste: Prüfung der Lohnabrechnung des Schuldners

Wenn Sie die Lohnabrechnung des Schuldners erhalten, können sich hieraus verschiedene Anhaltspunkte ergeben, um einen tatsächlichen Ertrag erst zu ermöglichen oder ihn zu erhöhen:

Bei Lohnsteuerklasse IV oder V verfügt der Ehegatte des Schuldners über eigenes Einkommen, so dass ein Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO auf Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen gestellt werden kann. Je nach der Höhe des Einkommens des Ehegatten – was sich aus der Steuerklasse ableiten lässt – kommt auch eine Nichtberücksichtigung gemeinsamer Kinder in Betracht, weil der Ehegatte hinreichend leistungsfähig ist, um diesen Unterhalt zu gewähren.
Die Lohnsteuerklasse VI gibt einen Hinweis auf ein weiteres Arbeitsverhältnis des Schuldners.
Geprüft werden muss, ob der pfändbarer Betrag anhand des Nettolohns oder des möglicherweise niedriger liegenden Auszahlungsbetrages bemessen wurde. Ein gegenüber dem Nettolohn niedrigerer Auszahlungsbetrag kann sich ergeben, wenn der Schuldner den Arbeitgeber angewiesen hat, verschiedene Leistungen unmittelbar an Dritte zu erbringen, oder aber einen Vorschuss erhalten hat.
Die Lohnabrechnung kann auch Naturalleistungen (Pkw, Handy, Kost, Logis) enthalten, so dass geprüft werden muss, ob der Arbeitgeber diese überhaupt und mit einem zutreffenden Betrag berücksichtigt hat.
Die Lohnabrechnung gibt regelmäßig Auskunft über Teile der Altersvorsorge des Schuldners, so dass geprüft werden kann, ob die Pfändung im Einzelfall sinnvoll erscheint. Dabei darf auch das daraus resultierende Druckmoment nicht vernachlässigt werden.
Nicht selten zeigt die Lohnabrechnung, dass der Schuldner seine vermögenswirksamen Leistungen auf einen Kapitalvertrag einzahlt, der dann als Pfändungsobjekt in Betracht kommt.
Lohnabrechnungen weisen regelmäßig aus, auf welches Konto der Lohn gezahlt wird, so dass hieraus die notwendigen Informationen für eine Pfändung gewonnen werden können. Sofern bereits eine Pfändung ausgebracht wurde, kann anhand der Angaben kontrolliert werden, ob der Lohn auf das gepfändete Konto gezahlt wird bzw. ob und inwieweit der Lohn auf ein bereits eingerichtetes P-Konto des Schuldners gezahlt wird. Letztlich: Einer kostenintensiven Auskunftsanfrage über den GV beim Bundeszentralamt für Steuern nach § 802l Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO bedarf es dann nicht.

Nicht selten offenbart die Lohnabrechnung aber auch Manipulationsversuche des Schuldners. Zu prüfen ist deshalb

die Angemessenheit des Lohns, § 850h ZPO.

Hinweis

Im Zusammenspiel mit dem Arbeitsvertrag zeigt die Lohnabrechnung, welcher Tätigkeit der Schuldner in welchem zeitlichen Umfang nachgeht. Recherchen im Internet, Nachfragen bei den Handwerks- oder Industrie- und Handelskammern, Arbeitgebern und Gewerkschaften, aber auch allgemein verbindliche Tarifverträge geben dann Auskunft, ob die dem Schuldner gezahlte Vergütung angemessen ist. Ist dies nicht der Fall, muss ein Fall der Lohnverschleierung nach § 850h ZPO in Betracht gezogen werden.

der Versuch, Regelarbeitszeit in Überstunden umzuwandeln und so den Ertrag der Überstunden dem Pfändungszugriff des Gläubigers zu entziehen, § 850a ZPO.

Beispiel

Der Schuldner hatte bisher eine vertragliche Regelarbeitszeit von 40h. Die gesamte Arbeitszeit wird bei der Ermittlung des pfändbaren Arbeitseinkommens berüc...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge